Couch Potatoes riskieren Arthrose
AE rät zu mehr Bewegung im Alltag
Freiburg
– Ob Digital Natives, Schulkinder oder Büroarbeiter: Ein sitzender
Lebensstil kann Knie- und Hüftgelenksarthrosen begünstigen.
Gelenkknorpel wird spröde und baut sich ab, wenn im Rahmen von Bewegung
nicht regelmäßig Nährstoffe und Flüssigkeit in seine Oberfläche gepumpt
werden. Schmerzhafte Arthrosen und Bewegungseinschränkungen können die
Folge sein. Menschen jeden Alters sollten sich deshalb täglich
ausreichend bewegen, sagt die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik
(AE). Die Fachgesellschaft möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass
Bewegungsmangel nicht nur Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes und Krebs
begünstigt*1, sondern auch den Gelenken schaden kann.
Seit
der frühindustriellen Zeit hat sich die Zahl der Arthrosen mehr als
verdoppelt. Das haben Forscher in einer soeben in den "Proceedings" der
National Academy of Sciences ("PNAS") veröffentlichten US-Studie
herausgefunden*2. „Auch wir beobachten zunehmend mehr
Arthrosen und Gelenkschäden bei unseren Patienten“, sagt Professor Dr.
med. Karl-Dieter Heller, Generalsekretär der AE. Inzwischen betrifft die
weltweit häufigste Gelenkerkrankung in Deutschland ein Drittel der über
60-Jährigen. Bei Arthrose bildet sich das Knorpelgrundgerüst der
Gelenke irreversibel zurück. Zugleich können Knochenwucherungen um die
Gelenke herum entstehen. Auch wenn noch nicht alle Risikofaktoren für
diese Entwicklung erforscht sind, ist klar: „Die längere Lebensdauer,
Übergewicht, aber auch Über- und Unterbeanspruchung der Gelenke gehören
zu den Hauptursachen für die steigenden Zahlen“, so der Chefarzt der
Orthopädischen Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig.
Viele
Menschen bewegten sich kaum noch, im Beruf wie in der Freizeit. „Vielen
ist nicht klar, dass der Gelenkknorpel regelmäßige Bewegung braucht, um
Nährstoffe zu erhalten“, so Professor Heller. Der Grund: „Anders als
der Knochen, wird der Knorpel nicht durch Blutgefäße versorgt, sondern
passiv durch Gelenkflüssigkeit, die Synovia“. Damit das gut
funktioniert, ist regelmäßige Be- und Entlastung notwendig: Die dadurch
entstehenden Pumpbewegungen arbeiten das Nährsubstrat mechanisch in den
Knorpel ein. „Wer sich bewegt, füttert und schmiert sein Gelenk“, so
Professor Heller. Auch wenn es bereits zu Arthrosen gekommen sei, könne
maßvolle Bewegung helfen, das Fortschreiten einer Arthrose zu
verlangsamen. Tierexperimentelle Studien hätten gezeigt, dass dies den
Knorpel zwar nicht regenerieren, wohl aber die gelartige Puffersubstanz
im Knorpel aufbauen könne*3. Der Orthopäde rät hier etwa zu Gymnastik, Fahrradfahren oder gehen mit Nordic Walking-Stöcken.
Insgesamt
gelte es, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren: „Man sollte
möglichst alle 30 Minuten aufstehen, viel zu Fuß gehen und Fahrrad
fahren sowie Aufzüge und Rolltreppen meiden“, sagt Professor Dr. med.
Henning Windhagen, Präsident der AE. Und statt abends stundenlang im
Fernsehsessel zu versinken, besser noch einen Spaziergang um den Block
machen. „Sinnvoll sind zudem mindestens weitere 150 Minuten in der Woche
gezieltes Training.“ Sport-Extreme wie Marathons sollte man seinem
Körper jedoch nur unter Aufsicht eines Orthopäden oder Sportmediziners
zumuten. Denn sie bergen besondere Risikofaktoren für Gelenke, etwa
Verletzungen, Überlastung und Verschleiß. Zudem sei nicht jeder Körper
für sportliche Höchstleistungen gemacht. „Auf die Dosis kommt es an“,
betont Windhagen, der Direktor der Orthopädischen Klinik der
Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im DIAKOVERE Annastift ist.