London, Rom, Madrid, Berlin: Was
aussieht wie eine Bucket List für Städtetrips, ist tatsächlich die
aktuelle Route des Forschungsflugzeugs HALO: Bis Ende Juli untersuchen
Atmosphärenforscher aus ganz Deutschland die Luftbelastung über
europäischen Ballungszentren. Ziel ist es, die Auswirkungen der
Verschmutzung auf die Erdatmosphäre besser verstehen und vorhersagen zu
können. Mit zwei Messinstrumenten haben die Forscher des Karlsruher
Instituts für Technologie (KIT) insbesondere die Konzentrationen von
Ozon und flüchtigen Kohlenwasserstoffen im Blick.
Fokus der aktuellen Messkampagne, welche die
Universität Bremen koordiniert, ist die chemische Charakterisierung der
Verschmutzungen und deren Einfluss auf die Luftqualität in den meist
ländlichen Regionen in den Abgasfahnen der Großstädte. Die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen dafür das
Forschungsflugzeug HALO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR). Die Forschergruppe um Andreas Zahn und Marco Neumaier vom
Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT ist mit zwei
speziell für Flugzeuge entwickelten Instrumenten vertreten. Eins misst
extrem genau und schnell – mit zehn Messungen pro Sekunde – das reaktive
Spurengas Ozon. „Bodennahes Ozon entsteht insbesondere an sonnigen
Tagen aus Stickoxiden, die beispielsweise aus Autoabgasen stammen, und
trägt maßgeblich zur Bildung des Sommersmogs bei. Interessanterweise
treten die höchsten Ozonkonzentrationen dabei nicht direkt in den
Ballungszentren auf, sondern in den angrenzenden ländlichen Gebieten“,
sagt Andreas Zahn vom IMK. Eine Schlüsselrolle dabei spielen flüchtige
organische Verbindungen, kurz VOCs (von engl. Volatile Organic
Compounds). „Diese Stoffe, dazu zählen unter anderem Aceton, Methanol
oder Benzol, werden entweder von Pflanzen in die Atmosphäre ausgestoßen
oder sind vom Menschen verursacht, etwa Abgase aus dem Verkehr“,
erläutert Marco Neumaier. Das zweite Instrument des KIT, ein
hochkomplexes Protonen-Transfer-Reaktions-Massenspektrometer, kann eine
Vielzahl dieser VOCs in kleinsten Spuren in Echtzeit messen. „Damit ist
das Gerät in der Lage, in 100 Milliarden Luftmolekülen ein einzelnes
Aceton-Molekül nachzuweisen“, so Neumaier.
Die aktuellen Messflüge – mit 52 Flugstunden
bis Ende Juli – sind die erste Phase der internationalen Messkampagne
„EMeRGe” (steht für „Effect of Megacities on the transport and
transformation of pollutants on the Regional and Global scales”). An
Bord von HALO befinden sich dafür mehr als 15 hochempfindliche
Instrumente zum Messen von Spurengasen und Aerosolpartikeln. Sieben
deutsche Forschungszentren und Universitäten sind an der Kampagne
beteiligt, welche das Institut für Umweltphysik der Universität Bremen
leitet. Die Abkürzung HALO steht für „High Altitude and Long Range
Research Aircraft“ (deutsch: „Hochfliegendes Forschungsflugzeug mit
langer Reichweite“).
Europaweit ergänzende Messungen
Parallel laufen über ganz Europa zusätzliche
Messungen mit weiteren Flugzeugen sowie mit bodengestützten
Messsystemen. Die zweite Phase der Messkampagne wird dann im Frühjahr
2018 Asien in den Blick nehmen und in Taiwan stattfinden.
DFG fördert EMeRGe mit rund sechs Millionen Euro
Weitere Projektpartner sind das
Max-Planck-Institut für Chemie, die Universitäten Mainz und Heidelberg,
die Bergische Universität Wuppertal sowie das Forschungszentrum Jülich.
EMeRGe wird mit rund sechs Millionen Euro von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG), der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und dem
DLR bis April 2018 finanziert.
Über HALO
Das Forschungsflugzeug HALO ist eine
Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und
Klimaforschungseinrichtungen. HALO wurde aus Mitteln des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Helmholtz-Gemeinschaft
und der Max-Planck -Gesellschaft beschafft. Der Betrieb von HALO wird
von der DFG, der Max-Planck-Gesellschaft, dem Forschungszentrum Jülich,
dem Karlsruher Institut für Technologie, dem Deutschen
GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam und dem Leibniz-Institut für
Troposphärenforschung in Leipzig (TROPOS) getragen. Das DLR ist zugleich
Eigner und Betreiber des Flugzeugs.