Uniklinikum Tübingen testet Virotherapie bei Leberkrebs

Uniklinikum Tübingen testet Virotherapie bei Leberkrebs

Pressemitteilung von: Universitätsklinikum Tübingen

Krankheit und Therapie

Leberkrebs, Virotherapie, biologische Krebstherapie

Neue biologische Therapie – Klinische Studie startet

Von der Leber ausgehende Krebserkrankungen
gehören weltweit zu den häufigsten Tumorerkrankungen. Trotz enormer
Anstrengungen haben klassische Therapieverfahren wie Chemo- und
Strahlentherapie bei Leberkrebs keinen Erfolg. Die Virotherapie stellt
eine neue biologische Krebstherapie dar, mit deren Hilfe Krebszellen
gezielt infiziert und zerstört werden. Das Universitätsklinikum Tübingen
startet jetzt als erstes von insgesamt neun deutschen universitären
Zentren eine Virotherapie-Studie für Patienten mit Leberkrebs.

Hintergrund Virotherapie
Ob Grippe-, Herpes- oder Masern-Viren – eigentlich sind Viren unsere
Feinde. Doch in der Krebstherapie könnten sie zu Helfern werden. Denn
Viren sind in der Lage, Krebszellen gezielt zu infizieren und zu
zerstören. Wissenschaftler sprechen von Onkolyse. Der Trick: Die Viren
werden so modifiziert, dass sie gezielt Krebszellen befallen. In den
Krebszellen angekommen, vermehren sie sich nahezu ungebremst. Am Ende
platzen die befallenen Tumorzellen und setzen massenhaft neu gebildete
Viren im Tumor frei, die dann auf andere, bis dahin noch nicht
infizierte Tumorzellen überspringen, wie bei einem Schneeballsystem. Das
Besondere: „Die Onkolyse funktioniert auch dann, wenn die Krebszellen
auf keine der herkömmlichen Behandlungsmöglichkeiten wie
Chemotherapeutika, Bestrahlung oder Antikörper mehr ansprechen“,
erläutert Professor Dr. Ulrich Lauer vom Universitätsklinikum Tübingen.
Und: Solche onkolytische Viren können zusätzlich das Immunsystem
dauerhaft gegen Krebszellen aktivieren, so dass es für diese kein
Verstecken mehr gibt.

Studienbeginn jetzt
Im Rahmen der jetzt startenden Studie werden Krebspatienten
modifizierte Pocken-Impfviren verabreicht, die Tumorzellen gezielt
befallen und sich in diesen nahezu ungebremst vermehren können. Durch
diesen Mechanismus können große Teile von Tumorgewebe zerstört werden.
Da gesunde Zellen im Gegensatz zu Tumorzellen genetisch nicht verändert
sind und deshalb über eine intakte Virusabwehr verfügen, werden diese
nicht befallen.

Eine Besonderheit bei der in Tübingen
anlaufenden Virotherapiestudie besteht darin, dass die Virotherapeutika
nicht – wie bei anderen Krebsmedikamenten meist üblich – intravenös
verabreicht werden, sondern mittels Leberpunktion direkt in die
Tumorherde eingebracht werden. Damit gelangen die Virotherapeutika
unmittelbar zu den aggressiv wachsenden Tumorherden und die Impfviren
können die entsprechenden Tumore infizieren.

Die zum Einsatz kommenden Impfviren werden
insgesamt dreimal im Abstand von jeweils zwei Wochen verabreicht. Durch
die Virus-vermittelte Zerstörung der Lebertumorzellen soll auch das
Immunsystem maximal zum Kampf gegen sämtliche im Körper befindliche
Tumorherde, also auch gegen Metastasen, stimuliert werden.

Danach schließt sich eine zweite
Behandlungsphase an, in welcher der für die Behandlung von Leberkrebs
bereits zugelassene Wirkstoff Sorafenib**, der das Tumorzellwachstum
zusätzlich bremst, zweimal täglich in Tablettenform eingenommen wird.
Tübinger Wissenschaftler konnten bereits 2014 zeigen, dass die
Wirksamkeit des Leberkrebs-Medikamentes Sorafenib, die mit zunehmender
Therapiedauer leider sinkt, durch die Blockade eines neu identifizierten
Genproduktes deutlich gesteigert und verlängert werden kann.
** www.medizin.uni-tuebingen.de/Presse_Aktuell/Pressemeldungen/Jahr+2014/2014_09_14-port-80-p-98900.html

Wo können sich Patienten hinwenden?
Die Studie wird in der Tübinger Medizinischen Universitätsklinik,
Abteilung Innere Medizin VIII (Abteilung Klinische Tumorbiologie)
durchgeführt, die Virotherapien bereits bei zahlreichen anderen
Tumorarten zum Einsatz gebracht hat.

Kontaktadresse für Patienten und niedergelassene Ärzte
Prof. Dr. med. Ulrich M. Lauer