Freunde des Entertainment-TVs wählen Populisten
Mit einem Vorwort von Jean Pütz:
Ausschließlich am
Provit-interessierte Macher finden offenbar immer mehr Möglichkeiten,
die Bürger zu verblöden, auf lange Sicht eine große Gefahr für die
Demokratie – Alternative: Öffentlich-Rechtliche Sender wählen in der
Hoffnung, dass diese wegen der Einschaltquoten nicht auch umschwenken
Jean Pütz
Stimmzettel: Wähler oft von TV beeinflusst (Foto: S. Hofschlaeger, pixelio.de) |
London (pte020/27.03.2017/11:30) –
Menschen, die sich häufig Entertainment-Sender ansehen, neigen eher
dazu, populistischen Parteien auf den Leim zu gehen und sich zudem auf
kognitiver Ebene zurückzubilden. Dieser Effekt fängt bereits im
Kindesalter an, wie eine aktuelle Forschungsarbeit der Queen Mary
University of London http://qmul.ac.uk zeigt.
Anfällig für Rhetorik
Über einen Zeitraum von 30 Jahren haben die Forscher
den politischen Einfluss von Entertainment-TV in Italien analysiert. Im
Fokus der Untersuchung lag die Gründung des italienischen
Medienunternehmens Mediaset http://mediaset.it von Silvio Berlusconi. Die Forscher verglichen die erhobenen Daten von
Regionen, in welchen Mediaset verfügbar ist, mit Bereichen, in denen
nicht ausgestrahlt wird.
Es zeigte sich, dass in den Regionen mit Mediaset
durchschnittlich öfter für Berlusconi gestimmt wurde als in anderen
Gegenden. "Die Ergebnisse legen nahe, dass Menschen, die bereits im
Kindesalter Entertainment-TV ausgesetzt sind, im Erwachsenenalter dann
kognitiv weniger anspruchsvoll sind und sich sozialpolitisch weniger
beteiligen. Zudem werden sie stärker von Berlusconis populistischer
Rhetorik angesprochen", sagt Studienautor Andrea Tesei.
TV-Diät jetzt beginnen
Weniger gebildete Erwachsene, die regelmäßig
Entertainment-TV konsumieren, tendieren laut den Experten dazu, drei
Prozent häufiger für die populistische Partei Forza Italia zu stimmen.
Diejenigen, die bereits als Kind sehr oft Entertainment-Sender sahen,
wählten die Partei um Silvio Berlusconi sogar um acht Prozent häufiger
als andere Zuseher. Zudem zeigte sich in der Studie, dass diese
Bevölkerungsschicht mit zunehmendem Alter kognitiv benachteiligt war.
Ein noch stärkerer Effekt kristallisierte sich bei
denjenigen heraus, die mit einem Alter von über 55 Jahren sehr häufig
Entertainment-TV sehen. Diese Bevölkerungsgruppe tendiert bei Wahlen
dazu, zu rund zehn Prozent häufiger für die populistische Forza Italia
zu stimmen. "Die Ergebnisse zeigen, dass Entertainment-Inhalte
politische Haltungen beeinflussen können und einen fruchtbaren Boden für
die Verbreitung von populistischen Mitteilungen kreieren", so Tesei.
Vor allem auch die Wahl von Donald Trump zeige die Wichtigkeit einer
"Entertainment-TV-Diät".