Sand, Kies, Kohle, Streusalz oder
Diamanten, Getreide, Zucker, Kaffee oder Weintrauben sowie Müll – viele
unserer Alltagsgüter sind mehr oder weniger körniger Natur. Um dieses
Schüttgut nach Qualität und Größe zu ordnen, muss es aufwendig sortiert
werden. Zehntausende Bandsortieranlagen rattern zwischen Elbe und Isar.
Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des
Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung
(IOSB) haben ein System entwickelt, das sehr viel schneller, billiger
und sorgfältiger sortiert als bisher.
Ob Bau, Logistik, Chemie oder Landwirtschaft,
Schüttgut wird in fast allen Branchen verarbeitet. Angesichts der
großen Zahl der Anlagen, könnte eine Verbesserung der überall nötigen
Sortiervorgänge Milliarden einsparen: „Der wirtschaftliche Nutzen dieses
Projekts ist kaum zu überschätzen, es könnten enorme Ressourcen
eingespart werden“, sagt Professor Uwe Hanebeck vom Lehrstuhl für
Intelligente Sensor-Aktor-Systeme (ISAS) am KIT über die neue
Technologie. Diese kann aufgrund des Bewegungsverhaltens der zu
sortierenden Objekte eine wesentlich genauere Klassifizierung vornehmen
als herkömmliche Sortiersysteme. Seitens der Industrie sei bereits
großes Interesse an der neuen Technologie signalisiert worden, so
Professor Thomas Längle, Projektverantwortlicher am Fraunhofer IOSB.
„Klassische Bandsortieranlagen scannen das zu
sortierende Material mit einer Kamera, ungewollte Teile werden mit
Druckluftdüsen herausgeblasen“, erklärt Georg Maier vom IOSB. Das
Problem: Die heute eingesetzten Kameras erfassen die Objekte nur auf
einem kurzen Abschnitt des Bandes, was nur eine grobe Klassifizierung
zulässt. Die Folge ist, dass oft mehrere Sortierdurchläufe notwendig
sind, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen.
Das Team um Längle und Hanebeck hat nun ein
Sortiersystem entwickelt, bei dem Kameras aus unterschiedlichen
Perspektiven das Schüttgut genauer erfassen. So können Objekte
unterschiedlicher Klassen besser unterschieden werden. Darüber hinaus
sagen Algorithmen auf Basis der Bilder voraus, wie sich die Objekte auf
dem Band bewegen werden. Fremdkörper lassen sich so deutlich
zielsicherer aussortieren.
Die Vorteile des neuen Sortiersystems
verdeutlicht Benjamin Noack vom ISAS am Beispiel von Kugeln und
Halbkugeln: „Von oben sehen sie zwar gleich aus. Während Halbkugeln aber
im Regelfall auf dem Band liegenbleiben, verhalten sich Kugeln unruhig,
was den Sortiervorgang zusätzlich erschwert. Von der Seite betrachtet
hingegen, lassen sich Kugeln und Halbkugeln unterscheiden.“ Zusätzlich
könne das System jetzt deren jeweiliges Verhalten vorhersehen, seinen
Betrieb optimal danach ausrichten – also auch besser ordnen, so Noack
weiter.
Die Wissenschaftler haben außerdem einen Weg
gefunden, die Genauigkeit bestehender Sortiersysteme schnell und
kostengünstig zu erhöhen. „Dafür ist lediglich ein Softwareupdate
notwendig“, erklärt Hanebeck.
Neben KIT und IOSB an dem Projekt beteiligt
sind die Ruhr-Universität Bochum (RUB) sowie die Technische Universität
Berlin (TUB), wo Forscher sich insbesondere mit der realistischen
Simulation von Schüttgut und der numerischen Auslegung von Sortierern
befassen.