Gesunder Lebensstil halbiert Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Gute Nachricht auch für Diabetespatienten:

Gesunder Lebensstil halbiert genetisches Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Berlin
– Wer sich gesund ernährt, nicht raucht, körperlich aktiv ist und
Übergewicht vermeidet, hat ein um etwa fünfzig Prozent geringeres Risiko
für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dieses reduzierte Risiko besteht
immer, also auch unabhängig davon, ob eine hohe oder niedrige genetische
Disposition vorliegt. Dies ist das Ergebnis einer großen Untersuchung
mit mehr als 55.000 Teilnehmern, die im New England Journal of Medicine
veröffentlich wurde. Aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)
unterstreicht die Studie die Notwendigkeit nach einer
Verhältnisprävention für chronische Erkrankungen: Die Politik müsse
Lebensbedingungen so gestalten, dass gesundes Verhalten gefördert werde –
etwa durch eine Umstrukturierung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel
oder einer täglichen Stunde Sport in Kita und Schule.

„Diabetespatienten
leiden zwei- bis dreimal so häufig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie
andere Menschen, und Herzinfarkt und Schlaganfall sind bei ihnen die
häufigste Todesursache“, erklärt DDG Präsident Professor Dr. med.
Baptist Gallwitz vom Universitätsklinikum Tübingen. Der Grund ist eine
beschleunigte Verkalkung der Blutgefäße, für die nicht allein der
erhöhte Blutzuckerspiegel verantwortlich ist. „Die meisten Menschen mit
Typ-2-Diabetes haben auch veränderte Blutfett-Werte, Bluthochdruck und
massives Übergewicht“, sagt Gallwitz, „eine Konstellation, die wir
zusammen mit dem erhöhten Blutzucker als metabolisches Syndrom
bezeichnen.“

Auch
viele Teilnehmer von drei Kohorten-Studien aus den USA und Schweden,
deren Daten Forscher der Harvard Universität jetzt ausgewertet haben,
hatten ein metabolisches Syndrom. Es kennzeichnete dort einen ungesunden
Lebensstil, der mit einem erhöhten Risiko verbunden war, innerhalb von
zehn Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden. Bei vielen Teilnehmern der
ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in Communities), MDCS-Studie (Malmö
Diet and Cancer Study) und WGHS-Studie (Women’s Genome Health Study) kam
noch eine genetische Vorbelastung hinzu. Sie wurde mit einem Test
ermittelt, der 50 verschiedene genetische Risiken erkennen konnte.

Wie
erwartet, erkranken Menschen, die nicht rauchen, sich gesund ernähren,
körperlich aktiv und nicht fettleibig sind, deutlich seltener an einem
Herzinfarkt. „Der günstige Einfluss eines gesunden Lebensstils war in
der Studie aber auch bei Menschen nachweisbar, die ein erhöhtes
genetisches Risiko hatten“, berichtet Gallwitz. Und dieser Einfluss war
erheblich, wie die Daten belegen: In der ARIC-Studie erlitten 5,1 statt
10,7 Prozent der Teilnehmer mit einem erhöhten genetischen Risiko einen
Herzinfarkt oder andere koronare Erkrankungen. In der WGHS-Studie sank
die Rate von 4,6 auf 2,0 Prozent und in der MDCS-Studie von 8,2 auf 5,3
Prozent. Die Studie wurde kürzlich auf der Jahrestagung der
amerikanischen Herzgesellschaft in den USA vorgestellt und im
Fachjournal New England Journal of Medicine publiziert. „Das sind
Ergebnisse, die auch vom Diabetes oder seinen Vorstufen betroffenen
Menschen in Deutschland Mut machen sollten“, findet Professor Dr. med.
Dirk Müller-Wieland, Vizepräsident der DDG. „Die Studie zeigt, dass
jeder etwas gegen den Ausbruch einer Krankheit tun kann.“

Dabei
sollten Staat und Gesellschaft die Menschen aktiv unterstützen. „Wir
leben in einer Zeit, in der ungesunde kalorienreiche Nahrungsmittel oft
kostengünstiger sind als gesunde Produkte“, stellt DDG Geschäftsführer
Dr. Dietrich Garlichs fest. „Der Staat sollte deshalb die Mehrwertsteuer
auf gesunde Lebensmittel senken und für stark zucker- und fetthaltige
Produkte erhöhen.“ Wichtig sei zudem eine tägliche Stunde Sport für
Kinder und Jugendliche. „Auch ein Verbot der Tabakaußenwerbung ist
längst überfällig“, betont Garlichs. „Wenn wir chronische Krankheiten
verhindern wollen, brauchen wir Maßnahmen zur Verhältnisprävention, die
einen gesunden Lebensstil fördern“, so der DDG Geschäftsführer.  

Literatur:

Amit V. Khera et al. Genetic
Risk, Adherence to a Healthy Lifestyle, and Coronary Disease. New
England Journal of Medicine 2016; doi: 10.1056/NEJMoa1605086:
www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1605086

Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):

Die
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit 9.000 Mitgliedern eine der
großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in
Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich
in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und
entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und
Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als sechs Millionen
Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie
auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.