Wenn man in diesen Tagen nach den Ursachen der Fluchtbewegungen
sucht, landet man neben der Fluchtursache „Krieg“ auch schnell bei der
Ursache Nummer zwei: „Armut und Perspektivlosigkeit in
Entwicklungsländern“. Arbeitslosigkeit und Niedriglöhne führen dazu,
dass Millionen Menschen nicht von dem leben können, was sie verdienen.
Soziale Netze gibt es in vielen Staaten kaum, so dass die Flucht schnell
als eine probate Lösung erscheinen mag. Dabei geht es wohl weniger um
das Streben nach Luxus, sondern darum, nicht zu verelenden.
Unsere Konsumgewohnheiten, verbunden mit niedrigen Preisen für die
Produkte aus solchen Ländern, können indirekt zu diesem Problem
beitragen. Kaffee zum Beispiel, einst ein Luxusgut, ist heutzutage zu
Schleuderpreisen unter 5 Euro pro Pfund zu haben. Die Farmer und
Farmarbeiter in den Anbaugebieten Afrikas, Süd-Amerikas und Asiens haben
mit den Konsequenzen zu leben. Der Kaffeekonsum der Industrienationen
hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der Graben zwischen
armen und reichen Ländern eher breiter als schmaler geworden ist – das
ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie der US-Universität
Kansas. Die Kaffeefarmer hätten nicht oder nur unzureichend vom
Kaffeekonsum profitiert, fanden die Wissenschaftler heraus.
Seit die Produktion in weiten Teilen technisiert worden ist, bestehe
zudem eine hohe Abhängigkeit, da die Investitionen ausschließlich durch
Kaffeeanbau amortisiert werden könnten. Der ausgedehnte Anbau habe in
solchen Regionen dann aber auch zu ökologischen Konsequenzen durch den
enormen Wasserverbrauch geführt. Auch bedingt durch wasserintensive
Sorten, die aber besser „technisierbar“ seien.
Ökologische Veränderungen zählen ebenso mit zu den Fluchtgründen: Wo
Kleinfarmer nur noch geringe Erträge erwirtschaften können, wird das
bisherige Auskommen gefährdet. „Mit jedem Produkt, das wir als
Verbraucher kaufen, verursachen wir eine bestimmte Wirkung auf jemand
anderen – darüber müssen wir uns bewusst sein“, betont Alexander Meyers,
der die Studie betreute. Bei unseren Kaufentscheidungen sollten wir
dies immer im Hinterkopf behalten – und uns gelegentlich fragen, warum
Menschen ihr Land verlassen und was wir eigentlich damit zu tun haben.
Friederike Heidenhof (aid)