Schilddrüsenkrebs bei jüngeren Frauen stark im Ansteigen

Schilddrüsenkrebs bei jüngeren Frauen stark im Ansteigen

Kombinations-Therapie bringt normale Lebenserwartung

Berlin
– Die Fälle von bösartigem Schilddrüsenkrebs steigen neuen Studien
zufolge in Industrieländern stark an, vor allem bei Frauen. Neben
Tumoren der Brust wird sich das Schilddrüsenkarzinom demnach in den
nächsten fünf Jahren zu den am schnellsten wachsenden Krebserkrankungen
bei jüngeren Frauen entwickeln, erklärt der Berufsverbands Deutscher
Nuklearmediziner e. V. (BDN). Die Erkrankung macht sich zu Beginn meist
mit einem Knoten im Bereich der Schilddrüse bemerkbar. Die beste
Heilungsrate verspricht die Kombination aus Operation plus
Radiojodtherapie. Sie verschafft jüngeren Frauen eine normale
Lebenserwartung, wie Langzeitbeobachtungen belegen. Die Radiojodtherapie
ist in Deutschland eine Kassenleistung.

Wie
ein Autorenteam um die Epidemiologin Hannah Weir in der Fachzeitschrift
„Cancer“ berichtet, werden in den USA bei Frauen bis zum Jahr 2020 die
größten Zuwachsraten bei Lungen-, Brust-, Gebärmutter- und
Schilddrüsenkrebs erwartet. Diese Prognose entspricht dem Trend, der
sich auch in Deutschland seit einigen Jahren abzeichnet. So wurden 2013
hierzulande 4200 Frauen registriert, die neu am Schilddrüsenkarzinom
erkrankten, im Jahr 2000 waren es 2700.

Welche
Ursachen die Zunahme hat, ist nicht vollständig geklärt. „Zwar gab es
einen regionalen und zeitlich begrenzten Anstieg der Erkrankungsraten im
Umkreis der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, dies erklärt aber nicht
den weltweiten Anstieg“, sagt Professor Dr. med. Matthias Schmidt,
BDN-Experte und Nuklearmediziner an der Universitätsklinik Köln. „Das
mag eher an einer verbesserten Diagnostik liegen, denn der Ultraschall
hilft, tumorverdächtige Knoten frühzeitig zu erkennen“, so Schmidt.

Klar
ist ebenfalls, dass die Kombination aus Operation plus Radiojodtherapie
sehr gute Heilungschancen bei Schilddrüsenkrebs eröffnet. Bei diesem
Behandlungskonzept wird zunächst die Schilddrüse chirurgisch entfernt.
„Ein kleiner Rest von Schilddrüsengewebe verbleibt aber trotz Operation
fast immer“, berichtet Schmidt. Die nachfolgende Bestrahlung mit
radioaktivem Iod beseitigt dann die übrigen Restzellen.

Dafür
nehmen die Patienten radioaktives Iod 131 ein, meist in Form einer
Kapsel. Weil die Schilddrüse als einziges Organ des menschlichen Körpers
die Fähigkeit hat, Iod in ihren Zellen hochkonzentriert anzureichern,
lagern sich die radioaktiven Substanzen ausschließlich in diesem Gewebe
ab und zerstören es. Andere Organe wie Speicheldrüsen, Schweißdrüsen,
Magenschleimhaut, Nieren oder Blase sind lediglich an der Ausscheidung
der radioaktiven Partikel beteiligt und erhalten eine nur geringfügige
Strahlendosis.

Derart
behandelt, dürfen Patienten mit einer normalen Lebenserwartung rechnen –
das zeigen aktuelle Daten über einen Beobachtungszeitraum von dreißig
Jahren, die am Universitätsklinikum Würzburg gesammelt wurden. Der Krebs
kehrt nur bei weniger als fünf Prozent zurück. „Damit erreichen die
Patienten eine Lebenserwartung, die mit der gesunder Menschen
vergleichbar ist“, betont Schmidt. Die Erkrankung macht sich
typischerweise mit einer Knotenbildung im Bereich der Schilddrüse
bemerkbar.

Die
Radiojodtherapie wird seit den 1940er Jahren angewendet, gilt als
nebenwirkungsarm und auch in der langjährigen Verlaufsbeobachtung als
sicher. In Deutschland existierten im Jahr 2014 etwa 120
Therapieeinrichtungen, in denen etwa 50.000 Behandlungen jährlich
durchgeführt wurden. Die Radiojodtherapie ist in Deutschland eine
Kassenleistung und wird stationär durchgeführt.