Knochenstoffwechsel: Neuartige Medikamente verbessern die Behandlung der Osteoporose
Lübeck
� Knochenschwund, auch Osteoporose genannt, betrifft in Deutschland
weit über sieben Millionen Menschen. Sie tritt bei Frauen oft nach den
Wechseljahren auf. Bei Männern und Frauen wird mit zunehmendem
Lebensalter die Knochendichte geringer und erhöht damit das Risiko für
Knochenbrüche. Neue Erkenntnisse zum Hormonstoffwechsel des Knochens
haben die Entwicklung von neuen, rasch wirksamen und nebenwirkungsarmen
Medikamenten ermöglicht. Die Medikamente, die in den Hormonstoffwechsel
eingreifen, kommen als Alternative zu den bewährten Bisphosphonaten in
Frage. Wie Patienten von den neuen Wirkstoffen profitieren, erläutern
Experten auf der Pressekonferenz anlässlich des 58. Symposiums der
Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am 18. März 2015 in
Lübeck.
Knochen
sind keine statischen Gebilde, sondern bestehen aus Zellen, die in die
mineralische �Knochenmatrix� eingebettet sind. Wie andere Gewebe im
Körper werden sie ständig erneuert: Sogenannte Osteoklasten bauen die
Knochenmasse ab, Osteoblasten bauen sie wieder auf. Hormone können den
Knochenabbau fördern oder auch hemmen. �Das Nebennierenhormon Cortisol,
das in der Medizin häufig als Entzündungshemmer eingesetzt wird, kann
zur Osteoporose führen�, erläutert Professor Dr. med. Heide Siggelkow,
Ärztliche Leiterin des Endokrinologikums Göttingen und 1. Vorsitzende
des Dachverbandes Osteologie. �Eine Östrogentherapie zur Behandlung von
Wechseljahresbeschwerden hingegen hat als günstigenNebeneffekt einen Anstieg der Knochendichte zur Folge�, ergänzt die Beirätin der DGE-Sektion Knochenstoffwechsel.
Hormone,
Teile der Botenstoffe oder auch Substanzen, die in die Übertragungswege
der Stoffe eingreifen, werden daher auch gezielt bei Frauen nach dem
Wechsel zur Behandlung der Osteoporose eingesetzt. Ein Mittel zur
Therapie der postmenopausalen Osteoporose ist Raloxifen, ein sogenannter
selektiver Östrogenrezeptormodulator. Ein weiteres Osteoporosemittel
ist Teriparatid, eine verkürzte Variante des Parathormons aus der
Nebenschilddrüse, das seit 2003 zur Behandlung der Osteoporose bei
Frauen und Männern zugelassen ist.
�Das
Problem dieser Präparate ist, dass sie ihre Wirkung im ganzen Körper
entfalten�, erklärt Professor Siggelkow. Das erste Mittel, das gezielt
im Knochen wirkt, ist das vor vier Jahren eingeführte Denosumab. Je nach
Präparat wird es vierwöchentlich oder halbjährlich mit einer Spritze
verabreicht. �Der Antikörper Denosumab blockiert im Knochen das
Signalprotein RANKL, das die Bildung und Aktivität von Osteoklasten
fördert�, erläutert Professor Siggelkow: �Das Ergebnis ist eine Hemmung
des Knochenabbaus durch die Osteoklasten und damit eine Steigerung der
Knochendichte�. RANKL � die Abkürzung steht für �Receptor Activator of
NF-kappaB Ligand� � ist nicht das einzige in den letzten Jahren
entdeckte Gewebshormon des Knochens, das einen Angriffspunkt für die
Therapie der Osteoporose bietet. Auch das Gewebshormon Sklerostin gehört
zu den Signalstoffen, mit denen Osteoblasten und Osteoklasten
kommunizieren. Erste Studien zeigen, dass Sklerostin-Antiko�rper die
Knochendichte deutlich erhöhen. Die Expertin aus Göttingen rechnet in
den nächsten Jahren mit der Zulassung des Wirkstoffs.
Die
neuen hormonellen Mittel könnten die langfristige Sicherheit der
Osteoporosebehandlung verbessern, hofft auch DGE-Mediensprecher
Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Bochum. Die derzeit am
häufigsten eingesetzten Mittel, die Bisphosphonate, seien jedoch äußert
effektiv und blieben das Mittel der Wahl, neben der Basistherapie mit
Kalzium und Vitamin D.
Mit
der zunehmenden Lebenserwartung steigt auch die Zahl der
Osteoporosepatienten. Neben Frauen seien immer häufiger auch Männer
betroffen, was jedoch weltweit zu wenig beachtet und untersucht werde,
etwa wenn ein Mann einen Knochenbruch erlitten hat, merkt Professor
Schatz an. Zur Vorbeugung empfiehlt er: �Viel Bewegung, denn �Muskel
macht Knochen�, gesunde, kalziumreiche Ernährung und mindestens eine
halbe Stunde täglich ins Freie gehen, um die Produktion von Vitamin D in
der Haut zu steigern.�