DGIM fördert Systemmedizin

DGIM fördert Systemmedizin – Molekulare Informationen bündeln und für die Behandlung nutzen

Wiesbaden/Mannheim,
– Blut-, Gewebe- oder Urinproben liefern dank hoch technologisierter
biochemischer, genetischer und physikalischer Analysen immer genauere
molekulare Informationen über Krankheiten. Ergänzt um Bilddaten und
klinische Tests ergibt sich daraus systematisch ein individualisiertes
medizinisches Gesamtbild eines Menschen. Ziel dieser „Systemmedizin“ ist
eine passgenaue Behandlung. Damit neue Erkenntnisse bestmöglich
zusammenfließen und Patienten helfen, konkretisiert die Deutsche
Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) diese Thematik jetzt in
einem Positionspapier zur „Systemmedizin“. Internisten komme dabei eine
wichtige integrative Funktion zu, so die DGIM.

Bioproben
aus Blut, Urin oder Gewebe bilden das Ausgangsmaterial für die Analyse
von Erbgut und die Erforschung von Proteinen oder biochemischen
Signalwegen wie beispielsweise der körpereigenen Abwehr. Sie liefern
molekulare Hinweise auf die Funktion von Organen und Zellen und deren
Kommunikation – etwa einer Krebszelle. Kombiniert mit Befunden aus der
Bildgebung und klinischen Tests ermöglicht dies heute, komplexe
Zusammenhänge von Krankheiten besser zu verstehen. „Mit der
Systemmedizin gewinnen wir ein neues Verständnis der vielen sich
wechselseitig beeinflussenden Faktoren, die letztendlich zu einer
Erkrankung führen“, sagt Professor Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch,
Generalsekretär der DGIM aus Kiel. „Damit eröffnen sich Chancen für
Diagnostik und Therapie in der Medizin“. In der Krebsmedizin etwa kommen
diese Methoden bereits zum Einsatz.

Jedoch
stellen diese Entwicklungen die Innere Medizin auch vor neue Aufgaben,
denn die Erkenntnisse entspringen verschiedensten Forschungszweigen.
Zudem fallen große Datenmengen an, die es technisch und rechtlich
angemessen zu handhaben gilt. „Wir müssen deshalb Prozesse und
Strukturen entwickeln, um die unterschiedlichen Technologien und
Fachgebiete sinnvoll zusammenzuführen und sie für die klinische Arbeit
im Sinne einer internistischen Systemmedizin optimal nutzbar zu machen“,
sagt Professor Dr. med. Frank Lammert aus Homburg/Saar. Er sitzt der
DGIM-Kommission „Wissenschaft und Nachwuchsförderung“ vor, die das
Positionspapier vorlegt. Einen gangbaren Weg sieht die Kommission in der
Schaffung fachübergreifender Verbünde, die sämtliche Möglichkeiten
bündeln.

Um
das neue Wissen der Systemmedizin für das Gesundheitswesen verfügbar zu
machen, sei die Verknüpfung von Behandlungsdaten mit der
Versorgungsforschung notwendig – immer unter Wahrung der
Patientenrechte. Die Kommission fordert auch, neue Verfahren in
klinischen Studien zu prüfen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. „Wir
sehen uns hier in einer Vorreiterrolle bei der Generierung, Analyse und
Integration von großen Datenmengen zu Behandlungs- und Forschungszwecken
innerhalb der Medizin“, sagt Professor Dr. med. Nisar Malek aus
Tübingen, der die Stellungnahme zur Systemmedizin konzipiert hat.

Ärzte
und insbesondere Internisten müssen künftig in der Lage sein,
molekulare Informationen zu analysieren, in klinischen Zusammenhängen zu
interpretieren und ihre Patienten entsprechend zu beraten. „Das setzt
jedoch Wissen voraus, das heute nicht im notwendigen Umfang vermittelt
wird“, betont Professor Fölsch. Deshalb sieht das Positionspapier der
DGIM molekularmedizinische Fort- und Weiterbildungsangebote vor. „Wir
stehen vor einem völlig neuen Verständnis von Krankheiten, deren
Prävention und Therapie – dies gilt es entschlossen und gewissenhaft zum
Wohle unserer Patienten zu nutzen“, so Fölsch.