(SWR3) – Was macht Covid-19 eigentlich mit unserem Körper? Diese Frage kann noch keiner so wirklich beantworten. Denn: Es gelten zwar immer mehr Corona-Patienten in Deutschland als genesen – nicht alle sind aber auch wieder vollständig gesund geworden. Manche Patienten berichten, dass sie ihren Geschmackssinn verloren haben, andere sprechen von Kurzatmigkeit oder Erschöpfung über Wochen und zum Teil Monate.
Solche Langzeitfolgen soll jetzt das COVIDOM-Projekt erforschen. Mit dabei unter anderem die Charité Berlin und die Unis Würzburg, Leipzig und Frankfurt.
SWR3 hat mit Professor Dr. Stefan Schreiber gesprochen. Er ist von der Uni in Kiel und leitet das Projekt:
Welche Langzeitfolgen von Covid-19 sind jetzt schon bekannt?
Ich bin ja auch als Arzt in der Kieler Klinik für innere Medizin beschäftigt und sehe dort Patienten, die mit Langzeitproblemen zu mir kommen. Auch junge Menschen, die gar nicht schwer krank gewesen sind, die aber ihre Leistungsfähigkeit über Wochen und Monate verloren haben. Oder es gibt Menschen, die nach der Infektion über einen Ausfall von bestimmten Funktionen des zentralen Nervensystems klagen. Das sind Erscheinungen, die nicht verwunderlich sind. Denn wir wissen heute, dass der Virus nicht nur die Lunge entzündet, sondern das über die Entzündungen der Gefäße auch andere Organschäden entstehen.
Das Coronvirus ist eine Lungenkrankheit – ist das überholt?
Ja, das ist komplett überholt. Bereits in der Akut-Phase haben wir gesehen, dass die Gefäßentzündung – die massiv ist und die Deckzellen der kleinen Blutgefäße zerstört – auch außerhalb der Lunge zu ganz erheblichen Organschäden führt.
Patienten, die in Schleswig-Holstein positiv auf Corona getestet wurden, wollen Sie mindestens zwei Jahre immer wieder untersuchen. Wie wollen Sie das machen?
Wir setzen dazu eine ganze Batterie von Testverfahren ein. Das beinhaltet nicht nur, dass die Betroffenen von uns kontaktiert und befragt werden, sondern es erfolgt auch eine Einladung eines Universitätsklinikums in Schleswig-Holstein nach Kiel, in der dann eine genaue Vermessung des Körpers stattfindet. Mit der ersten Einladung sind das dann die Organe des Brustkorbs – also Herz, Lunge und Gefäße. Und mit der zweiten Einladung ist das dann eine Ganzkörperuntersuchung. Und so bekommt jeder Betroffene ein Gesundheitsprodukt, das man eigentlich gar nicht bezahlen kann, das also mit höchstem Einsatz der Medizin erfolgt und das sicher auch noch „Beifang“ haben wird, was auch andere Krankheiten angeht. Und wir erhalten Daten, wie denn die Infektion die Gesundheit der Menschen verstellt und was das Gesundheitssystem erwarten muss.
Bei welchen Patienten können Langzeitschäden auftreten?
Ich glaube da gibt es noch keine klaren Prädiktoren – also Vorhersagen – wer einen Langzeitschaden hat oder wer nicht. Das ist der Grund, warum es dieses Projekt geben muss, denn am Ende müssen wir das sowohl für die Betroffenen herausfinden, als auch für das Gesundheitssystem die relevanten Daten erstellen. Denn das wird uns in den nächsten Jahren belasten.
Ich glaube vor allen Dingen auch, dass uns diese Covid-19-Erkrankung die Chance gibt, die Beziehung zwischen einer schweren Virusinfektion und den scheinbar zufällig im Alter auftretenden üblichen Erkrankungen zu erkennen, wie zum Beispiel Herzinsuffizienz oder Morbus-Parkinson. Ich könnte mir vorstellen, dass die eine oder andere Krankheit durchaus auch auf Virusinfekte, vielleicht mit ganz andere Viren, zurückzuführen ist. Dafür haben wir uns bloß in der Vergangenheit nie interessiert.
Kann man schon sagen, wie häufig solche längerfristigen Schäden auftreten?
Dazu gibt es noch keine Aussage. Die werden natürlich auch überlagert, dadurch dass Menschen in der Phase der Covid-10-Infektion und -Isolation maximal psychisch betroffen sind und es sicher neben den Schäden der Organsysteme auch Schäden geben wird, die in der Psychosomatik und der Psyche des Menschen liegen.