Vergleich zeigt Absurdität der Berliner Mauer

Vergleich zeigt Absurdität der Berliner Mauer
Kulturwissenschaftler: Gute Grenzen müssen durchlässig sein
 
Berliner Mauer: Weglaufsperre einmalig in der Geschichte (Foto: FlickrCC/Bogin)

Berlin (pte002/13.08.2011/06:00) – Die Berliner Mauer, deren Errichtung heute vor 50 Jahren begann, ist historisch einzigartig. Ihr Vergleich mit anderen Mauern in der Geschichte und Gegenwart zeigt ihren absurden Charakter. "Eine derart perverse Weglaufsperre für das eigene Volk gab und gibt es sonst nur in Nordkorea", berichtet der Berliner Kulturwissenschaftler Olaf Briese http://www.briese.o.ms , Autor des bei Matthes & Seitz erschienenen Buches "Steinzeit. Mauern in Berlin", im Interview mit pressetext.

Militär- und Wirtschaftsmauern

Zu den modernen internationalen Mauern gehören heute die stark militarisierten Nationalgrenzen, etwa jene zwischen Indien und Pakistan oder von Saudi-Arabien zu Jemen und Irak. Daneben gibt es Wirtschaftsmauern wie der Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko oder die EU-Außengrenzen, die Briese als "Zulaufsperren" bezeichnet. "Die Globalisierung verteilt materielle Ressourcen, Arbeitskräfte und Marktzugriffe und schafft dabei gleichzeitig neue Mauern. Werden diese zementiert, gibt es Probleme", so der Experte.

Gute Grenzen brauchen Austausch

Denn "gut" seien Grenzen nur, wenn sie durchlässig sind, Kommunikation und Austausch erlauben und von den Beteiligten akzeptiert werden. Die EU-Innengrenzen zeigen dies zwar vor, machen jedoch auch Nachteile deutlich. "Die Freizügigkeit im Inneren der EU ist erkauft durch die strenge Bewachung im Osten und Süden, die Europa zur Festung macht. Zwar ist diese Abschottung legitim, da sie auf ein klares Wirtschaftsgefälle reagiert, zugleich aber auch fraglich, da sie dieses Gefälle verstärkt statt es zu überwinden."

Übersehen werde oft, dass derartige Hightech-Grenzen immens teuer sind. "Sollte etwa die Berliner Mauer ursprünglich den Staat ökonomisch schützen, so wurde sie durch ihre Material-, Beleuchtungs-, Managements- und Personalkosten bald selbst zum Teil des Problems", legt Briese dar. Nicht dazu gerechnet sind enorme Folgekosten wie etwa Wartezeiten – für Reisende Stunden, für Güter oft ein Tag und länger – sowie die symbolischen Kosten des Imageschadens von Ländern, die keine Freizügigkeit gewähren.

Geschichte kein Lehrmeister

Grenzen wird es in den Augen Brieses auch in Zukunft immer geben, da sie notwendiger Bestandteil von "Kulturmanagement" sind. Für Mauern gelte dies nicht. Dennoch sei es unwahrscheinlich, dass die Menschheit aus der Berliner Mauer gelernt habe. "Die Geschichte ist nicht die Lehrmeisterin, für die wir sie oft halten. Gott sei Dank ist es bei der Berliner Mauer geglückt, sie durch Rütteln zu Fall zu bringen. Dass Leute den Mut aufbrachten, sich gegen eine derartige Absurdität zu wehren, stimmt froh", so der Kulturwissenschaftler.