fzm – Eine neuartige Untersuchungstechnik erlaubt Ärzten erstmals eine komplette Spiegelung des Dünndarms. Besonderen Nutzen haben Menschen mit Peutz-Jeghers-Syndrom. Sie haben sehr viele Dünndarmpolypen, die bei der Untersuchung entfernt werden können. Mediziner aus Wiesbaden haben weltweit die meisten Patienten behandelt. In der "Zeitschrift für Gastroenterologie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2007) stellen sie ihre Ergebnisse vor.
Mit einer Länge von vier bis fünf Metern ist der Dünndarm für eine normale Spiegelung (Endoskopie) eigentlich viel zu lang. Mit der Push-and-Pull Enteroskopie gelingt es trotzdem häufig. Der Trick: Das Endoskop hat an der Spitze zwei aufblasbare Ballons, zwischen denen sich ein Teil des Endoskop vorschieben ("push") und zurückziehen ("pull") lässt. Durch planmäßiges Aufblasen und Ablassen der Ballone können die Ärzte den Dünndarm ziehharmonikaartig über dem Endoskop auffädeln. So kommen sie mit einem zwei Meter langen Endoskop unter Umständen durch den gesamten Dünndarm.
Zu den Patienten mit dem größten Nutzen zählen Menschen mit dem Peutz-Jeghers-Syndrom. Bei dieser seltenen angeborenen Erkrankung kommt es im Darm zur Bildung von Polypen. Die Polypen können mehrere Zentimeter groß werden und den Dünndarm sogar verlegen. Oder es kommt zu lebensgefährlichen Einstülpungen und Blutungen, erläutert Dr. med. Nicola Plum von den Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden. Bislang mussten die Patienten dann operiert werden. Jeder Patient unterzieht sich im Verlauf des Lebens im Durchschnitt vier Operationen zur Polypenentfernung und ein bis drei Dünndarmverkürzungen, schreibt die Ärztin.
Die neue "Doppelballon-Enteroskopie" kann ihnen dieses Schicksal möglicherweise ersparen. Bislang wurden in Wiesbaden 16 Patienten behandelt. Dabei wurden in 47 Untersuchungen insgesamt 178 Polypen gesichtet. Die Endoskopiker entfernten 47 Polypen, weil die Schleimhaut beschädigt war, es aus ihnen blutete, oder weil die Ärzte eine beginnende Krebserkrankung vermuteten. Das Krebsrisiko ist ein wichtiger Grund für die Untersuchung: 93 Prozent aller Patienten mit Peutz-Jeghers-Syndrom erkranken irgendwann im Leben an Krebs. Bei 13 Prozent sitzt der Tumor im Dünndarm.
Die meisten kleineren Polypen konnten die Wiesbadener Ärzte problemlos mit dem Endoskop entfernen. Bei größeren Polypen kam es jedoch gelegentlich zu Blutungen. Einmal wurde der Darm durchstochen (Perforation). Der Patient musste dann sofort operiert werden. Die Blutungen konnten endoskopisch gestillt werden. Bei einem weiteren Patienten war es nicht möglich, die Polypen zu entfernen. Hier markierten die Ärzte die Stelle mit einer Spezialtusche, so dass der Chirurg später wusste, welchen Teil des Dünndarms er entfernen musste.
N. Plum et al.:
Diagnostik und Therapie von Dünndarmpolypen mittels Push-and-Pull Enteroskopie in Doppelballontechnik bei Patienten mit Peutz-Jeghers-Syndrom.
Zeitschrift für Gastroenterologie 2007; 45 (10): S. 1047-1053