Neue Erkenntnisse bei der Abwehr von Krankheitserregern

Mannheim (pte/27.09.2006/06:05) – Wissenschaftlern der Universität
Regensburg http://www.uni-regensburg.de sowie der Medizinischen
Fakultät Mannheim http://www.klinikum-mannheim.de ist ein bedeutender
Schritt zur Erforschung der Immunabwehr gelungen: Sie haben entdeckt,
dass die Granulozyten flexible Repertoires eines variablen
Immunrezeptors – ähnlich dem des so genannten T-Zellrezeptors –
ausbilden. Damit haben die Forscher erstmals den Nachweis erbracht,
dass Granulozyten, die größte Gruppe von Immunzellen im Blut, neben den
Lymphozyten eine weitere variable Immunabwehr im Körper sind, berichten
sie im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences"
http://www.pnas.org.

Das Team um Kerstin Püllmann und Alexander Beham von der Chirurgischen
Universitätsklinik Regensburg und Wolfgang Kaminski vom Institut für
Klinische Chemie am Mannheimer Universitätsklinikum konnte damit
widerlegen, dass die Granulozyten lediglich unflexible
Immunabwehrmechanismen besitzen. Über vier Jahrzehnte hinweg waren
Wissenschaftler davon ausgegangen, dass das variable Immunsystem im
Menschen und generell bei Säugetieren ausschließlich in den Lymphozyten
lokalisiert ist. Dabei waren zwei Abwehrsysteme bekannt: Jenes der
B-Lymphozyten, deren variable Immunrezeptoren als lösliche Antikörper
in die Blutbahn freigesetzt werden, und jenes der T-Lymphozyten, die
den so genannten T-Zellrezeptor an ihrer Oberfläche ausbilden. Diese
Lymphozytensysteme sind in der Lage durch eine enorm hohe Anzahl
variabler Antikörper auf spezifische Reize wie etwa Viren, Bakterien
oder körperfremde Substanzen zu reagieren. Nach dem Kontakt mit einer
Substanz, die als fremd erkannt wird, vermehren sich diejenigen
Lymphozyten stark, an deren variable Immunrezeptoren das Antigen
spezifisch bindet.

Innerhalb weniger Wochen stehen damit große Mengen von Lymphozyten
bereit, die alle denselben maßgeschneiderten Antikörper beziehungsweise
T-Zellrezeptoren produzieren und die dadurch in der Lage sind, Antigene
spezifisch zu binden und effizient zu eliminieren. Nach der Abwehr
verbleiben wenige dieser Lymphozyten im Organismus und bilden das
"immunologische Gedächtnis", das bei wiederholtem Antigenkontakt dann
rascher als beim Erstkontakt aktiviert wird. Aufgrund dieser
Anpassungsfähigkeit werden die beiden getrennten variablen Immunsysteme
in B- und T-Lymphozyten gemeinsam als "adaptives" Immunsystem
bezeichnet.

Die Wissenschaftler haben nun aber entdeckt, dass das flexible
Immunrezeptorsystem der Granulozyten als drittes Abwehrsystem zur
Verfügung steht. Die Forscher gehen davon aus, dass damit ein neues
Kapitel in der Entzündungsforschung eröffnet wird. Von besonderem
Interesse ist dabei die Frage, inwiefern Granulozyten ein schnelles
adaptives Immunsystem darstellen, das die langsame – durch Lymphozyten
vermittelte – klassische adaptive Immunabwehr ergänzt.