Klimapuzzle Arktischer Ozean

Die Klimageschichte der Nordpolarregion konnte erstmals anhand eines
arktischen Bohrkerns rekonstruiert werden. Absolut neu und überraschend
ist, dass sich die Arktis wesentlich früher abgekühlte, als bisher
angenommen. In der Bohrung auf dem Lomonosow-Rücken hat man
eistransportiertes Material in Ablagerungen gefunden, die 45 Millionen
Jahre alt sind. Erste Teile der Antarktis begannen ebenfalls vor rund
43 Millionen Jahren zu vereisen. Die Wissenschaftler leiten daraus ab,
dass die Abkühlung der Erde seit etwa 50 Millionen Jahren durch
entsprechende Prozesse an beiden Polen gesteuert wurde. Die unter
Mitarbeit von Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts in
Bremerhaven gewonnenen Erkenntnisse wurden jetzt im
Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht.

Die bisherige Rekonstruktion der Langzeit-Klimageschichte der Erde
beruht überwiegend auf geologischen Informationen aus nicht-polaren
Breiten. Aufgrund der logistischen Herausforderungen waren
entsprechende Archive aus den polaren Gebieten nur schwer zu gewinnen.
Im Spätsommer 2004 wurden drei Eisbrecher eingesetzt, um einen 400
Meter langen Sedimentkern vom dem in der zentralen Arktis gelegenen
Lomonosow-Rücken zu erhalten.

Bereits vor dieser Tiefbohrung war bekannt, dass sich die Erde vor 100
Millionen Jahren abzukühlen begann. Die vorhandenen Klimadaten
suggerierten, dass die Abkühlung durch die Vereisung in der Antarktis
gesteuert wurde. Die Arktis kühlte nach diesem Modell erst sehr viel
später vor rund zehn Millionen Jahren ab. In der Bohrung auf dem
Lomonosow-Rücken fand sich eistransportiertes Material in Ablagerungen,
die 45 Millionen Jahre alt sind. Dies bedeutet, dass Meereis in der
Arktis wesentlich früher aufgetreten ist, als bisher angenommen. Erste
Teile der Antarktis begannen ebenfalls vor rund 43 Millionen Jahren zu
vereisen. Die Autoren leiten daraus ab, dass die Abkühlung der Erde
seit etwa 50 Millionen Jahren durch entsprechende Prozesse an beiden
Polen gesteuert wurde.

Dieser generelle Abkühlungstrend führte dann zur ersten massiven
Vereisung der Antarktis vor ungefähr 14 Millionen Jahren. Aufgrund der
globalen Abkühlung vor 3,2 Millionen Jahren begann dann ebenfalls
Grönland zu vereisen. Aus der zeitlichen Synchronität der Ereignisse in
der Arktis und Antarktis leiten die Autoren ab, dass für die generelle
Abkühlung der Erde überwiegend Treibhausgase wie Methan und
Kohlendioxyd verantwortlich waren. Die Öffnung von Meeresstrassen, wie
die Drake Passage im Süden und die Framstrasse im Norden, hatten
offensichtlich einen geringeren Einfluss auf das Weltklima als bisher
gedacht.

Die erste wissenschaftliche Tiefbohrung im arktischen Ozean fand etwa
225 Kilometer vom Nordpol entfernt statt. Meterdicke Packeisrücken und
große Treibeisschollen erschwerten die Arbeiten. Voraussetzung für
diese Mission waren seismische Daten, die im Jahr 1991 während einer
internationalen Arktisexpedition mit den Eisbrechern Polarstern und
Oden entlang des Lomonosow-Rückens erhoben wurden. Bisher standen aus
dieser Region nur Kurzkerne von weniger als 15 Metern zur Verfügung.
“Die in dem 400 Meter langen Bohrkern enthaltenen Sedimente geben
Aufschluss über die Klima- und Umweltgeschichte des Arktischen Beckens
während der letzten 55 Millionen Jahre³, sagt Prof. Dr. Rüdiger Stein
vom Alfred-Wegener-Institut. “Die Kurzkerne lassen keine direkten
Aussagen über die längerfristige Klimageschichte zu. Nur anhand des
neuen Sedimentkerns können wir den Übergang von einem frühen
(alttertiären) eisfreien zu einem eisbedeckten Arktischen Ozean, wie
wir ihn heute kennen, erklären.³ Das Verständnis der Ursachen dieser

langfristigen Klimaänderungen ist auch von großer Bedeutung, um die
aktuell beobachteten Umweltveränderungen in der Arktis zu verstehen.

Bis zur Tiefbohrung in der Arktis war auch unbekannt, ob das Klima in
der Nordpolarregion vor etwa 55 Millionen Jahren erheblich wärmer war
als heute., wie es Untersuchungen aus nicht-polaren Regionen für das
globale Klima zeigten. Aus den arktischen Sedimenten lässt sich
ablesen, dass in diesem Zeitraum etwa 50 Prozent des heutigen
arktischen Ozeans noch nicht existierte und die Wassertemperaturen bei
maximal 24 Grad Celsius lagen. Vor und nach diesem Klimaoptimum lagen
die Wassertemperaturen in der Arktis nur bei 18 Grad Celsius.

Integrated Ocean Drilling Programm – IODP

Die Bohrkampagne wurde im Rahmen des internationalen Bohrprogramms
“Integrated Ocean Drilling Program – IODP³ durchgeführt. Die
wissenschaftliche Leitung dieser Expedition lag bei Prof. Jan Backman
von der Universität Stockholm und Prof. Kate Moran von Rhodes Island.

Mehr Informationen zum IODP finden Sie unter www.bgr.de/iodp/home.htm ,
www.rcom.marum.de/Arktische_Bohrexpedition_2004_ACEX.html oder auf den
internationalen Seiten www.iodp.org/