Von Frank Stocker
Eine aktuelle Untersuchung zeigt erneut: Die Standortbedingungen für Unternehmen hierzulande verschlechtern sich. Das befeuert die Forderungen nach Steuersenkungen. Doch andere Aufgaben sind weit dringlicher.
Sie heißen Henkel oder Bosch, Trumpf oder Bertelsmann, Müller oder Kärcher: Unternehmen in Familienbesitz. Sie sind oft weniger in den Schlagzeilen als die börsennotierten Firmen – zu Unrecht, denn in den großen und kleinen Betrieben in Privatbesitz ist ein Großteil der Arbeitnehmer beschäftigt, sie erwirtschaften einen erheblichen Teil der Umsätze und Gewinne der deutschen Wirtschaft. Wenn diese Unternehmen daher Alarm schlagen, sollte dies aufhorchen lassen.
Und sie tun es, über die Stiftung Familienunternehmen, die von rund 500 Firmen aus dem Kreis der größten deutschen Familienunternehmen getragen wird. Diese Interessensvertretung lässt das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) alle zwei Jahre untersuchen, wie attraktiv die europäischen Länder als Standort für Familienunternehmen sind.
Die neueste Analyse ist wenig schmeichelhaft für Deutschland, vor allem weil es neuerdings sogar von einem ehemaligen Euro-Krisenstaat überholt wurde. Allerdings stehen die Ergebnisse teilweise auch im Widerspruch zu anderen entsprechenden Untersuchungen.
Der Vergleich basiert auf einer Begutachtung von sechs Themenfeldern: Steuern, Arbeitskosten/Produktivität/Humankapital, Regulierung, Finanzierung, Infrastruktur und Institutionen sowie Energie. Bewertet wird, wie förderlich die jeweiligen Bedingungen für Unternehmen im jeweiligen Land sind, und auf dieser Basis wird eine Rangliste erstellt.
An der Spitze steht dabei wie schon vor zwei Jahren die Schweiz, und auch am Tabellenende hat sich nichts getan, dort stehen nach wie vor Frankreich, Spanien und Italien. Dazwischen haben sich jedoch einige Verschiebungen ergeben.
Für Deutschland ging es dabei allerdings gleich vier Plätze nach unten, es nimmt nur noch Rang 16 von 21 ein. „Deutschland hat im internationalen Vergleich insgesamt erheblich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, auch wenn das noch durch die gute Konjunkturlage verdeckt wird“, sagt Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen.
Bei Steuerpolitik zurückgefallen
So zeigten die Daten, dass die Arbeitskosten hierzulande vergleichsweise hoch, die Bildungsausgaben des Staates dagegen eher niedrig sind. Bei den Strompreisen landet Deutschland sogar auf dem zweitletzten Platz, und die digitale Infrastruktur ist bestenfalls Mittelmaß. Punkten kann es immerhin noch bei der finanziellen Stabilität des Staates, der Banken und der Privatwirtschaft, gerade im Vergleich zu manch südeuropäischen Ländern. Auch im Feld der Regulierung habe Deutschland zuletzt etwas Boden gutgemacht, da beispielsweise die Gründung von Kapitalgesellschaften inzwischen relativ unkompliziert sei.
Besonders stark sei Deutschland jedoch im Bereich der Steuerpolitik zurückgefallen. Dies sei weniger dadurch geschehen, dass hier Steuern erhöht wurden, vielmehr seien die Unternehmensteuern in anderen Ländern teilweise deutlich gesenkt worden. Bestes Beispiel dafür sind die USA, obwohl die dortige Steuerreform noch gar nicht berücksichtigt wurde, ebenso wie die angekündigte Steuerreform in Frankreich. Die US-Steuerreform könne sogar dazu führen, dass die USA künftig die Schweiz vom ersten Platz im Länderranking verdrängt, sagt Friedrich Heinemann, Forschungsbereichsleiter am ZEW.
Nach Ansicht der Stiftung Familienunternehmen habe zudem die jüngste Erbschaftsteuerreform in Deutschland zu erheblichen Erschwernissen geführt. Ende 2016 hatte der Gesetzgeber aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts beschlossen, dass die Firmenerben zwar weiterhin privilegiert werden, wenn sie das Unternehmen fortführen. Ab einem Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro je Erbfall muss nun jedoch eine Bedürfnisprüfung stattfinden. Nur wenn der Erbe nachweisen kann, dass ihn die Zahlung der Erbschaftsteuer überfordern würde, wird er von der Steuer befreit. Dazu muss er auch sein Privatvermögen offenlegen, das bis zur Hälfte zur Besteuerung herangezogen werden kann.
Die Interessensvertreter fordern vor diesem Hintergrund nun eine Entlastung. „Die Politik muss endlich die Standortbedingungen Deutschlands wieder in den Fokus rücken“, sagt Stiftungschef Kirchdörfer. „Dringend überfällig sind beispielsweise eine Senkung der effektiven Steuerbelastung von Unternehmen um mindestens fünf Prozentpunkte.“ Wenn die Regierung nicht aktiv werde, würde Deutschland als Standort für Familienunternehmen weiter an Attraktivität verlieren.
Schon jetzt wurde Deutschland im Ranking sogar von einem ehemaligen Euro-Krisenstaat überholt: Portugal stieg um drei Plätze auf Rang 15 auf. Das Land habe sich diese Position vor allem in den Bereichen Steuern und Regulierung erarbeitet, so die Stiftung Familienunternehmen. Das Land zählt tatsächlich zu jenen Staaten, in denen Firmenerben überhaupt keine Steuern auf das geerbte Betriebsvermögen bezahlen müssen.