Hauchdünne berührungsempfindliche Displays auf vielen Materialien

Im Hobbykeller drucken: Hauchdünne
berührungsempfindliche Displays auf vielen
Materialien

Wer bisher eine Grußkarte an die Liebsten
drucken wollte, konnte diese nur durch bunte Grafiken,
extravagante Schrifttypen und edles Papier aufwerten. Doch
wie wäre es, wenn man auf dem heimischen Drucker gleich
hauchdünne Bildschirme in das Papier einarbeiten
könnte, die selber entworfene Symbole anzeigen oder
sogar auf Berührungen reagieren? Nicht nur das
ermöglichen nun Saarbrücker Informatiker. Sie
haben einen Ansatz entwickelt, mit dessen Hilfe in der
Zukunft jeder Laie Displays in beliebigen Formen auf
verschiedene Materialien drucken und somit den Alltag
völlig verändern könnte.

Die Postkarte zeigt ein historisches Automobil. Drückt
man auf einen Knopf, leuchten Hinterachse und Lenkradstange
in der gleichen Farbe auf. Möglich machen dies zwei
Segmente auf einem flexiblen Display, die genau der Form der
Autoteile entsprechen. Saarbrücker Informatiker um
Jürgen Steimle haben es auf einem handelsüblichen
Tintenstrahldrucker ausgedruckt. Es ist elektrolumineszent:
Legt man eine elektrische Spannung an, gibt es Licht ab.
Dieser Effekt wird auch genutzt, um in Autos
Armaturenbretter bei Nacht zu beleuchten. Steimle leitet die
Arbeitsgruppe „Embodied Interaction“ am
Saarbrücker Exzellenzcluster „Multimodal
Computing and Interaction“, in der auch Simon
Olberding forscht.

„Bisher war so etwas nicht möglich“,
erklärt Olberding, „Displays wurden in Massen
produziert, waren starr, hatten immer eine rechteckige
Form.“ Genau das wollten Olberding und Steimle
ändern. Der von ihnen entwickelte Prozess sieht wie
folgt aus: Der Anwender entwirft mit einem Programm wie
Microsoft Word oder Powerpoint eine digitale Vorlage
für das gewünschte Display. Über die von den
Saarbrücker Informatikern entwickelten Verfahren
„Screen Printing“ und „Conductive Inkjet
Printing“ kann er diese nun drucken. Beide Verfahren
haben unterschiedliche Stärken und Schwächen,
lassen sich aber von einer Person je nach Verfahren in nur
wenigen Minuten oder in zwei bis vier Stunden
durchführen. Das Druckergebnis sind relativ
hochaufgelöste Displays, die nur 0,1 Millimeter dick
sind. Eine Din A4-Seite voll zu bedrucken, schlägt mit
rund 20 Euro zu Buche, am teuersten ist dabei die
Spezialtinte.

Da sich mit den Verfahren auch Materialien wie Papier,
Kunststoffe, Leder, Keramik, Stein, Metall und Holz
bedrucken lassen, sind allerlei zweidimensionale, aber auch
dreidimensionale Formen möglich. Die Anzeigen
können dabei wahlweise, aus einem Segment (Fläche,
Kontur, Muster, Rastergrafik), mehreren Segmenten oder
unterschiedlich aufgebauten Matrizen bestehen. „Sogar
berührungsempfindliche Displays können wir
drucken“, sagt Olberding. Die
Anwendungsmöglichkeiten sind damit vielfältig:
Diplays lassen sich so in nahezu jeden Alltagsgegenstand
integrieren – nicht nur in Papierobjekte, sondern zum
Beispiel auch auf Möbel und
Einrichtungsgegenstände, Taschen oder am Körper
getragene Gegenstände. So könnte man
beispielsweise das Armband einer Uhr erweitern, damit es
aufleuchtet, wenn eine Kurznachricht eintrifft. „Wenn
wir unseren Ansatz jetzt mit 3D-Druck kombinieren,
können wir dreidimensionale Gegenstände drucken,
die Informationen anzeigen und auf Berührungen
reagieren“, erklärt Steimle.

 
Hintergrund Saarbrücker Informatik

Den Kern der Saarbrücker Informatik bildet die
Fachrichtung Informatik an der Universität des
Saarlandes. In unmittelbarer Nähe forschen auf dem
Campus sieben weitere weltweit renommierte
Forschungsinstitute. Neben den beiden Max-Planck-Instituten
für Informatik und Softwaresysteme sind dies das
Deutsche Forschungszentrum für Künstliche
Intelligenz (DFKI), das Zentrum für Bioinformatik, das
Intel Visual Computing Institute, das Center for
IT-Security, Privacy and Accountability (CISPA) und der
Exzellenzcluster „Multimodal Computing and
Interaction“.