Gemeinsame Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Nach „Mini-Schlaganfall“: Experten empfehlen duale Plättchenhemmung
Berlin, Januar 2019 – Die
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche
Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) schließen sich einer vor kurzem im BMJ
publizierten Praxisempfehlung an, nach einem „Mini-Schlaganfall“
(transitorische ischämische Attacke, kurz TIA) oder einem leichten
ischämischen Schlaganfall für eine begrenzte Zeit eine
Kombinationstherapie mit den zwei Blutplättchenhemmern Aspirin und
Clopidrogrel durchzuführen. Derzeitige Praxis ist es, die Patienten nur
mit einem Thrombozytenaggregationshemmer – in der Regel mit Aspirin – zu
behandeln, um das Risiko eines zweiten Schlaganfalls zu senken. Doch
doppelt hält besser, so die einhellige Meinung der Experten. Schließlich
kann so die Rate an Schlaganfallrezidiven einschließlich Hirnblutungen
im Vergleich zu nur einem Plättchenhemmer deutlich reduziert werden.
Etwa
neun von zehn Schlaganfällen sind ischämischer Natur, das heißt es
kommt durch den Verschluss oder die Verengung eines hirnversorgenden
Blutgefäßes aufgrund eines Blutgerinnsels zur Minderversorgung eines
Hirnareals mit Sauer- und Nährstoffen. Infolgedessen kann es zu
neurologischen Ausfällen wie etwa Sprachstörungen, Schwindel oder
Lähmungserscheinungen kommen. Ischämische Schlaganfälle werden auch als
Hirninfarkt bezeichnet. Wenn diese auftreten ist es entscheidend, die
Blutgerinnsel mit Medikamenten möglichst schnell aufzulösen und eine
weitere Verklumpung von Blutplättchen zu verhindern. Unter einer solchen
Behandlung können sich die neurologischen Ausfälle bei leichten
Schlaganfällen zurückbilden, bei einer transitorischen ischämischen
Attacke sogar innerhalb von 24 Stunden. „Diese Ereignisse sind in der
Regel gut behandelbar. Doch das Risiko für einen zweiten schweren
Schlaganfall ist bei den Betroffenen als hoch einzustufen“, erklärt
Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener aus Essen, Pressesprecher der
DGN. „Die Vorbeugung ist daher gerade bei diesen Patienten, die
vermeintlich gut weggekommen sind, von besonders großer Bedeutung.“
Ende
Dezember 2018 ist im renommierten Fachjournal BMJ eine Praxisempfehlung
[1] für eine duale Plättchenhemmung mit den gerinnungshemmenden
Medikamenten Aspirin und Clopidrogrel publiziert worden. „Diese
Kombinationstherapie sollte mindestens 24 Stunden nach dem Einsetzen der
ersten Schlaganfallsymptome erfolgen und über zehn bis 21
Tageandauern“, sagt Professor Dr. med. Armin Grau, 1. Vorsitzender der
DSG und Direktor der Neurologischen Klinik am Klinikum Ludwigshafen.
Randomisierte Studie zeigt: Duale Plättchenhemmung schützt besser vor erneuten Schlaganfällen
Die
Autoren berufen sich dabei auf eine im August im New England Journal of
Medicine (NEJM) publizierte, randomisiert-kontrollierte Studie [2]. Sie
zeigte, dass die Kombination von Aspirin und Clopidrogrel der derzeit
üblichen Aspirin-Monotherapie im Hinblick auf die Rezidivprophylaxe,
also dem Vermeiden eines Folge-Schlaganfalls, überlegen ist. Die Studie
wurde sogar vorzeitig beendet, nachdem 84 Prozent der ursprünglich
vorgesehenen Patienten eingeschlossen worden waren. Es zeichnete sich zu
diesem Zeitpunkt bereits ein klarer Vorteil für die
Kombinationstherapie ab. So erlitten in der Studiengruppe, die Aspirin
und Clopidrogrel erhalten hatte, nur 121 von 2.432 Patienten ein
größeres ischämisches Folgeereignis. In der Gruppe, die nur Aspirin und
ein Scheinmedikament eingenommen hatte, jedoch 160 von 2.449 Patienten.
Die Autoren führen das auf eine synergistische Wirkung beider Substanzen
zurück, da Aspirin und Clopidrogrel die Thrombozytenaggregation auf
unterschiedliche, sich ergänzende Weisen behindern.
„Die
unterschiedlichen Wirkmechanismen scheinen sich zu addieren“, sagt
Professor Diener. Mit 25 Prozent sei die Risikoreduktion unter der
Kombinationstherapie signifikant gewesen. „Im Klartext heißt das, dass
durch die kombinierte Einnahme von Aspirin und Clopidrogrel deutlich
mehr Folge-Schlaganfälle verhindern werden können, und zwar bei
vertretbaren Risiken wie einem leicht erhöhten Blutungsrisiko“, so
Professor Grau. Die Empfehlung wird auch in Kürze Eingang in der
Leitlinie Sekundärprävention des Schlaganfalls der DGN finden.
„Zwischenzeitlich schließen wir uns der BMJ-Praxisempfehlung an“, betont
Professor Diener.