Lieber Markus Lanz,
ich hoffe, dass Ihre Redaktion meine Mail an Sie ausrichtet, denn mein Kompliment gilt Ihnen ganz persönlich.
Wir kennen uns, weil ich mindestens schon
zweimal in Ihrer Sendung war. Eigentlich bin ich kein großer Freund
dieser Talk-Sendungen, denn es erscheinen immer dieselben Figuren und
man weiß vorher, wie die Diskussion ausfällt.
Gestern haben Sie mich eines besseren belehrt,
denn es ist Ihnen gelungen, den waidwunden Martin Schulz in Ihre
Sendung einzuladen. Ohne Schmuh, dieses Gespräch war eine der
Sternstunden der deutschen Talk-Szene. Dafür bekommen Sie von mir nicht
nur den virtuellen Grimme-Preis, sondern Sie haben sich an die Spitze
aller Talkmaster katapultiert. Als ich noch beim WDR in redaktioneller
Verantwortung war, hat Dr. Hans-Jürgen Rosenbauer, mein damaliger
Hauptabteilungsleiter, die Talkrunde "Je später der Abend" übernommen.
Bisher erschien mir diese als Vorbild aller nachfolgenden Formate. Ab
sofort stehen Sie an erster Stelle. Die redaktionelle Vorbereitung war
enorm, was man an den vielen Einspielungen erkennen konnte, die
letztlich auch Martin Schulz zu Erinnerungen führten, die er zunächst
vergessen zu haben glaubte. Aber besonders imponiert hat mir Ihre
knallharte Feinfühligkeit, die es Martin Schulz ermöglichte, sich
endlich einmal so darzustellen, wie er wirklich ist, nämlich ein
fantastischer Zeitgenosse, dem das Schicksal übel mitgespielt hat.
Obwohl ich nicht unbedingt ein Freund der SPD bin, sie aber als
Volkspartei unentbehrlich finde, haben Sie durch viele Nachfragen ihm
ermöglicht, Hintergründe der Bredouille, in der sich die SPD befindet,
objektiv darzustellen, wobei Sie die notwendige journalistische Distanz
in vorbildlicher Weise gewahrt haben.
Auch das Gespräch mit Magdalena Neuner hat mir
extrem imponiert. Mit Ihrer Mithilfe konnte sie endlich auch einmal
zeigen, dass auch hochgefeierte Spitzensportler Menschen sind – einfach
toll, wie Sie das gemanaget haben.
Dass mein Urteilsvermögen durchaus
repräsentativ ist sehen Sie darin, dass mir am Samstag der Kulturpreis
der Eduard-Rhein-Stiftung für mein Lebenswerk im Deutschen Museum in
München überreicht wird. Auch Eduard Rhein galt mir als großes Vorbild.
Er hat seinerzeit nicht nur als Ingenieur und Techniker die
Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auf der analogen Langspielplatte
ganze Symphonien und Musikalben wiedergegeben werden konnten (mit der
sogenannten Rheinschrift), er wurde auch großartiger Journalist. Er
schuf nicht nur die HÖR ZU, sondern war hochgeachteter Kommentator, der
politischen Szene. Obwohl HÖR ZU später von Springer übernommen wurde,
hat er dieser Mediengruppe später die Leviten gelesen. Er war einer der
ersten unabhängigen Journalisten. Eine Entwicklung, die das Schicksal
auch mir einmal geboten hat, weshalb ich mich als Glückspilz bezeichne.
Viele Grüße
Ihr Jean Pütz
PS Kompliment auch an den Redakteur, der die besagten Einspielfilme ausgesucht und bearbeitet hat