Volkskrankheit Schilddrüsenknoten

Volkskrankheit Schilddrüsenknoten

Hitzebehandlung per Sonde kann Operation ersetzen

Berlin
– Schätzungen zufolge hat etwa ein Drittel aller Deutschen einen
Schilddrüsenknoten. Ab dem 60. Lebensjahr ist sogar rund jeder Zweite
davon betroffen. Nicht in jedem Fall beeinträchtigen diese Knoten den
Patienten. Haben sie jedoch eine bestimmte Größe erreicht und
beeinträchtigen das Schlucken oder beeinflussen den Hormonhaushalt der
Schilddrüse, muss eine Behandlung erfolgen. Neben den
Standardtherapieformen wie Operation steht seit kurzem auch eine lokale
Hitzebehandlung per Sonde zur Verfügung. Diese sogenannte
Radiofrequenzablation hat sich inzwischen bewährt, ist schonend und
risikoarm. Sie stellt damit bei einem Teil der behandlungsbedürftigen
Knoten eine gute Alternative zur OP dar, betont der Berufsverband
Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN). Hierüber und welche bewährten
Therapiemöglichkeiten darüber hinaus Patienten mit Schilddrüsenknoten
zur Verfügung stehen, berichten Nuklearmediziner auf einer
Pressekonferenz am 27. September 2018 in Berlin.

Kleine
Schilddrüsenknoten machen selten Beschwerden. Viele Betroffene leben
jahrzehntelang ohne Probleme mit diesen Gewebeveränderungen. „Häufig
merken Patienten ihre Knoten erst, wenn diese sehr groß werden oder die
Funktion des Organs beeinflussen“, erklärt Professor Dr. med. Detlef
Moka, 1. Vorsitzender des BDN. „Die Patienten kommen dann beispielsweise
mit Schluckbeschwerden, Herzrhythmusstörungen oder Schlafstörungen zum
Arzt oder nehmen optische Veränderungen wahr, den so genannten Kropf am
Hals.“ In solchen Fällen muss eine Behandlung erfolgen. Denn
Schilddrüsenhormone sind in fast allen Organsystemen von großer
Bedeutung: Sie beeinflussen Verdauung, Schlaf, Psyche sowie das Herz und
den Stoffwechsel. Störungen führen schnell zu Folgeerkrankungen und
Verlust an Lebensqualität.

Neben
Medikamenten, der Schilddrüsenoperation und der Radiojodtherapie können
sich Patienten mit gutartigen Knoten in Deutschland mittlerweile auch
mit der Radiofrequenzablation (RFA) behandeln lassen. Der Arzt führt
dabei nach örtlicher Betäubung eine stricknadeldicke Sonde mithilfe des
Ultraschalls in den Knoten ein. Die Sonde erzeugt dort eine Wärme von
etwa 60 bis 90 Grad, wodurch die Zellen absterben. Der Rest des
Umgebungsgewebes bleibt unverletzt, die Einstichstelle hinterlässt keine
Narbe. Fachärzte führen den Eingriff tagesstationär, mitunter auch
ambulant durch.

„Diese
neue risikoarme, minimalinvasive Methode hat sich in vielen
internationalen Studien bewährt und ist besonders bei Patienten mit
gutartigen, sogenannten kalten Knoten und zystischen Veränderungen in
der Schilddrüse zu empfehlen“, erläutert Moka. Ob ein kalter Knoten
vorliegt, zeigt sich eindeutig im Szintigramm. „Auch Patienten, die
bereits eine Operation hinter sich haben oder Risikopatienten, denen man
eine Operation nicht zumuten möchte, profitieren von der RFA“, ergänzt
Moka.

In
Deutschland wird vier bis sechs Mal häufiger an der Schilddrüse
operiert als in anderen westlichen Ländern. „Dies führt mitunter zu
unnötigen Risiken, die bei der OP auftreten können, oder zu einer
dauerhaften Hormonersatztherapie“, führt Moka aus. Durch eine gezielte
Lokaltherapie des Knotens kann das häufig vermieden werden. „Bei
Patienten, deren Schilddrüse bereits angrenzende Organe wie die Luft-
oder Speiseröhre einengt oder bei denen der Verdacht besteht, dass die
Knoten bösartig sind, sollte jedoch immer eine Operation Therapie der
Wahl sein“, betont der Schilddrüsen-Experte.

Betroffene
wenden sich am besten an interdisziplinäre Schilddrüsenzentren oder
Nuklearmediziner, die auf Schilddrüsenerkrankungen spezialisiert sind,
rät der BDN-Vorsitzende. „Wichtig ist, dass der Patient eine umfassende
Diagnose und im Anschluss eine darauf abgestimmte individuelle Therapie
erhält“, so Moka. Der Nuklearmediziner aus Essen weist darauf hin, dass
vor einer Operation auch schonendere Methoden wie die RFA oder die
Radioiodtherapie in Betracht gezogen werden sollten. Die RFA bieten
bisher nur einzelne Zentren in Deutschland an. Sie wird in der Regel von
privaten und gesetzlichen Krankenkassen finanziert, da eine Operation
meist teurer ist.

Auf
einer Pressekonferenz am 27. September 2018 in Berlin berichten
Nuklearmediziner über die RFA und darüber, welche Patienten mit
Schilddrüsenknoten von welchen Diagnose- und Therapieverfahren
profitieren. Zu dieser Veranstaltung wird noch gesondert eingeladen.