Digitalisierung und die Folgen

die Digitalisierung ganzer Lebensbereiche oder auch
die rasante Entwicklung von neuen Technologien im Bereich der
künstlichen Intelligenz und Robotik werden unsere Arbeit in Zukunft
entscheidend prägen. Doch auf was genau müssen wir uns als
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellen? Welche Fähigkeiten werden
erforderlich sein und wo ergeben sich vielleicht ganz neue
Möglichkeiten?

Die Chancen und Herausforderungen des
technologischen Fortschritts für unsere Arbeit stehen im Mittelpunkt des
Wissenschaftsjahres 2018 – Arbeitswelten der Zukunft, das die
Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka am Montag, 19.
Februar, in Berlin eröffnet. Auch Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
beschäftigen sich auf vielfältige Weise mit Arbeitswelten der Zukunft
und wollen in den Dialog mit der Gesellschaft treten. Dabei beziehen sie
ganz unterschiedliche Positionen.

„Die Arbeitswelten von morgen bleiben gleich – und
sind doch anders“, sagt etwa Informatikprofessor Michael Beigl und rät
zu einem nüchternen Blick sowie Optimismus im Umgang mit den
Veränderungen. Der Experte für Pervasive Computing Systems forscht am
Internet of Things (IoT) und an Softwarelösungen für die Industrie 4.0:
„Gleich bleibt unsere Tätigkeit im Allgemeinen. Anders sind insbesondere
die Künstliche-Intelligenz-gestützten Werkzeuge mit denen wir arbeiten
werden. Diese werden uns nicht nur Arbeitsvorgänge abnehmen können,
sondern uns besseren Überblick über Sachverhalte schaffen. Und statt nur
Ergebnisse auf Nachfrage werden solche Systeme in Zukunft auch proaktiv
Erkenntnisse liefern. Ein Produktionsingenieur wird beispielsweise
nicht nur Messergebnisse auswerten, sondern seine intelligente Software
liefert ihm gleich Regeln, warum etwas funktioniert oder nicht. Der
Verwaltungsangestellte wird nicht nur die Vorgänge sehen, sondern auch
Vorschläge erhalten, wie man Gleiches mit weniger Aufwand erreichen
kann. Daraus etwas kreativ zu gestalten und Entscheidungen zu treffen,
wird der Arbeitnehmer der Zukunft aber immer noch selbst müssen.“

Der Technikphilosoph Professor Armin Grunwald,
Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse
(ITAS) und des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen
Bundestag (TAB), warnt aber vor einem einseitig enthusiastischen Blick
auf den technologischen Fortschritt. Ihm machen vor allem die
gesellschaftlichen Folgen Sorgen, wenn Automatisierung und Roboter
zukünftig viele Arbeitsplätze ersetzen:

„Die Betroffenen der Automatisierung sind nicht
zwingend für die neuen Arbeitsplätze qualifiziert. Uns drohen da große
soziale Probleme. Leider dominiert unsere Gesellschaft aber ein naiver
Fortschrittsglaube, wobei sicherlich eine Rolle spielt, dass die
deutsche Wirtschaft vom Export dieser Maschinen und Roboter profitiert.
Wir müssen daran denken, dass weitreichende Innovationen immer Gewinner
und Verlierer mit sich bringen.“

Um die Verlierer dieser Entwicklung
gesellschaftlich nicht zu sehr abzuhängen, schlägt Grunwald vor, auch
über direkte politische Maßnahmen nachzudenken: „Wir müssen Steuern
zahlen, der Roboter nicht. Das ist ein klarer Wettbewerbsnachteil für
Menschen. Dadurch wird sich die Verbreitung der Robotik im Arbeitsleben
stark beschleunigen. Es ist an der Zeit, das politisch zu überdenken,
eine Steuer für Roboterarbeit steht irgendwann an.“

Auch Professorin Barbara Deml vom Institut für
Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation (ifab) hält es für möglich,
dass die Geschwindigkeit der technologischen Neuerungen immer mehr zu
einem Problem für einen Teil der Arbeitnehmer werden könnte:

„Ich gehe davon aus, dass eintönige, sich
wiederholende Tätigkeiten noch stringenter automatisiert werden. Dabei
denke ich nicht nur an die Produktion, sondern auch an Verwaltung oder
Vertrieb. Vermutlich werden wir auch eine noch viel stärkere
Unterstützung durch intelligente Assistenzsysteme erleben. Viele
Tätigkeiten werden dadurch wesentlich einfacher auszuführen sein.
Demgegenüber steht aber auch der volkswirtschaftliche Anspruch,
hochkomplexe digitale Produkte sehr schnell zu entwickeln. Diese
dynamische, forschungsintensive Wissensarbeit wird an einige
Arbeitnehmer höchste Anforderungen stellen. Die Konsequenz aus der
Vereinfachung auf der einen Seite und dem gestiegenen Anspruchsniveau
auf der anderen Seite wird zu einer Polarisierung der Arbeitswelt
führen.“

Um auf diese Veränderungen angemessen zu reagieren,
brauche es mehr als die oft bemühte Empfehlung, individuell flexibel zu
bleiben oder mit Weiterbildungen und lebensbegleitendem Lernen zu
reagieren: „Diese Haltung ist von einer geradezu resignativen Anpassung
an die Veränderung geprägt. Zielführend und richtig wäre es, die
Veränderung heute aktiv mitzugestalten und selbst Leitplanken, was zum
Beispiel Arbeitszeitmodelle angeht, zu definieren“, so Deml. Eine solche
proaktive Haltung sei auch deshalb wichtig, weil die Digitalisierung
das Potenzial habe, unser menschliches Zusammenleben insgesamt zu
verändern: „Neue Technologien führen zu Verhaltens- und
Erlebensänderungen. Gemeinsam mit unserer zunehmenden Abhängigkeit von
Technologien, der Frage des Datenschutzes sowie dem Informationsmonopol
einiger weniger global tätiger Unternehmen könnte das zu einer Gefahr
für die Demokratie werden.“