Chemikern am Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) ist es gelungen, den Aufbau von Präzisionspolymeren
durch lichtgetriebene chemische Reaktionen gezielt zu steuern. Das
Verfahren ermöglicht die genaue, geplante Platzierung der
Kettengliedern, den Monomeren, entlang von Polymerketten einheitlicher
Länge. Die präzise aufgebauten Makromoleküle bilden festgelegte
Eigenschaften aus und eignen sich möglicherweise als
Informationsspeicher oder synthetische Biomoleküle. Über die neuartige
Synthesereaktion berichten die Wissenschaftler nun in der Open Access
Publikation Nature Communications. (DOI: 10.1038/NCOMMS13672)
Chemische Reaktionen lassen sich durch
Einwirken von Licht bei Zimmertemperatur auslösen. Die Forscher am KIT
nutzen diesen Effekt, um unter Licht die Verknüpfung von Molekülen zu
definierten Polymerketten gezielt in Gang zu setzen. „In vielen
herkömmlichen Verfahren entstehen Polymerketten unterschiedlicher Länge
und die Anordnung der Bausteine entlang der Kette ist zufällig
verteilt“, sagt Professor Christopher Barner-Kowollik vom Institut für
Technische Chemie und Polymerchemie (ITCP) am KIT. „Unser Ziel war es,
eine lichtinduzierte Methode zum Polymeraufbau zu entwickeln, die die
Präzision der Natur erreicht“, so der Inhaber des Lehrstuhls für
Präparative Makromolekulare Chemie. Denn die natürlichen Vorbilder, zum
Beispiel Proteine, weisen einen exakt definierten Aufbau auf. Das neue
lichtinduzierte Syntheseverfahren ermöglicht ein maßgeschneidertes
Moleküldesign, bei dem die Bausteine in ihrer Abfolge – vergleichbar dem
Muster einer bunten Perlenkette – genau an die gewünschte Stelle
platziert werden können.
„Durch die Kontrolle über den Aufbau des
Moleküls, die sogenannte Sequenz, lassen sich die Eigenschaften der
Makromoleküle steuern“, sagt Barner-Kowollik. „Sequenzdefinierte
Polymere lassen sich möglicherweise auch als molekulare Daten- und
Informationsspeicher nutzen.“ Informationen könnten durch die Abfolge
der Monomere verschlüsselt werden, ähnlich wie die Natur die
Erbgutinformation in der DNA hinterlegt hat.
Die Forschergruppe des KIT um Barner-Kowollik
stellt die neue, lichtgesteuerte hochpräzise Polymerisationsmethode
unter dem Titel „Coding and Decoding Libraries of Sequence Defined
Functional Copolymers Synthesized via Photoligation“ in der
Fachpublikation Nature Communications vor. Die Entwickler erwarten, dass
das grundlegende Verfahren ein Werkzeug für Chemiker, Biologen und
Materialforscher wird und ein Schlüssel für die künftige
Makromolekularchemie ist.
Entwickelt wurde das neue Verfahren im Rahmen
des Sonderforschungsbereiches (SFB) 1176 „Molekulare Strukturierung
weicher Materie“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der vom KIT
koordiniert wird. Neun Millionen Euro stehen dem im Januar 2016
gestarteten SFB in den ersten vier Jahren zur Verfügung.
Nicolas Zydziak, Waldemar Konrad, Florian
Feist, Sergii Afonin, Steffen Weidner, and Christopher Barner-Kowollik:
Coding and Decoding Libraries of Sequence Defined Functional Copolymers
Synthesized via Photoligation. DOI: 10.1038/NCOMMS13672
Weitere Informationen:
https://www.kit.edu/kit/pi_2015_143_struktur-von-makromolekuelen-gezielt-steuern.php
https://www.kit.edu/kit/pi_2016_091_chemische-reaktionen-lassen-sich-mit-licht-schalten.php
Weiterer Kontakt:
Kosta Schinarakis, PKM – Themenscout, Tel.: +49 721 608 41956, Fax: +49 721 608 43658, E-Mail: schinarakis@kit.edu
Das Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) verbindet seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und
Innovation zu einer Mission. Mit rund 9 300 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern sowie 25 000 Studierenden ist das KIT eine der großen
natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen
Europas.