Durch Anbau von Gentechnik-Mais drohen neue Superunkräuter
EFSA veröffentlicht eilig verfasste Stellungnahme 3. Oktober 2016 / Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA
unterstützt in einer aktuellen Stellungnahme die Pläne von Monsanto,
DuPont und Syngenta, den Anbau von gentechnisch verändertem Mais in der
EU auszuweiten. Bisher darf in der EU nur ein Gentechnik-Mais kommerziell angebaut werden. Die Konzerne fordern eine Entscheidung, die es ihnen erlauben würde, 2017 das Saatgut für drei Varianten von transgenem Mais zu verkaufen. Die
Maispflanzen produzieren Insektengifte, zwei sind zudem gegenüber
Spritzmitteln resistent. Im Zusammenhang mit dem Anbau dieser Pflanzen gibt es neue Risiken für die Umwelt, bedingt durch
das Auftreten von Teosinte-Pflanzen. Diese Pflanzen stammen
ursprünglich aus Zentralamerika und breiten sich seit einigen Jahren in
Spanien und Frankreich aus. Teosinte und Mais können gemeinsame Nachkommen produzieren. Das Risiko: Wenn sich Teosinte mit dem transgenen Mais kreuzt, entstehen neue Superunkräuter, die Insektengifte produzieren und resistent gegenüber Herbiziden sind. Nach einer Anfrage
der EU-Kommission hat die EFSA jetzt eine hastig verfasste
Stellungnahme veröffentlicht, in der die Risiken heruntergespielt
werden. Spätestens seit dem Jahr 2009 breitet sich die Teosinte in Spanien aus,
hier werden innerhalb der EU auch die meisten Gentechnik-Pflanzen
angebaut. 2015 waren laut offiziellen Angaben rund 750 Hektar in
mehreren Regionen Spaniens von der Ausbreitung der Teosinte betroffen.
Dabei ist es wahrscheinlich, dass es viele weitere Felder gibt, die
unentdeckt blieben. Einige der Teosinte-Pflanzen wurden auch auf Feldern
gefunden, auf denen Gentechnik-Mais angebaut wird. Es ist nicht bekannt, ob bereits transgene Teosinte-Pflanzen entstanden sind, aber ihr Auftreten dürfte nur eine Frage der Zeit sein.
Wie die Stellungnahme der EFSA zeigt, fehlen bislang Daten, die für die
Risikoabschätzung entscheidend sind: (1) Einige der vielen Arten und
Unterarten von Teosinte produzieren wesentlich mehr Hybride mit Mais als
andere und bergen damit ein höheres Risiko für einen Gen-Austausch.
Doch derzeit ist nicht bekannt, welche Arten bzw. Unterarten sich auf
den Feldern ausbreiten. (2) Die biologische Aktivität der zusätzlichen
Gene ist jeweils abhängig vom gesamten Genom der Pflanzen. Das bedeutet,
dass die Hybride beispielsweise wesentlich mehr Insektengift
produzieren könnten als die ursprünglichen Maispflanzen. Diese Fragen
wurden aber nie untersucht. (3) Die Behauptung der EFSA, dass sich die
Ausbreitung von Teosinte wirksam kontrollieren lasse, lässt sich
empirisch nicht belegen. Die bisher verfügbaren Daten zeigen vielmehr
einen starken Anstieg bei der Anzahl der betroffenen Maisfelder zwischen
2014 und 2015, trotz entsprechender Gegenmaßnahmen.
All dies verdeutlicht, dass für eine adäquate Risikoprüfung wesentlich
mehr Daten benötigt würden. Aber anstatt mehr Daten zu verlangen,
erklärte die EFSA die Risiken für den Anbau von Gentechnik-Mais einfach
für nicht relevant.
„Laut ihren eigenen Richtlinien muss die EFSA auch sogenannte
‚Worst-Case-Szenarien‘ prüfen. Die Stellungnahme der EFSA basiert jedoch
auf Annahmen, die keineswegs die wahre Dimension der Risiken zeigen“,
sagt Christoph Then für Testbiotech. „Die Risikobewertung darf auf
keinen Fall abgeschlossen werden, bevor weitere Untersuchungen
durchgeführt wurden.“
Die EFSA kann jederzeit mehr Daten von den Firmen verlangen, wenn sich
das für die Risikoabschätzung als notwendig erweist. In diesem Fall aber
verzichtete die Behörde darauf. Offensichtlich gab es einen erheblichen
Zeitdruck seitens der EU-Kommission, die verlangte, dass der Bericht
rasch veröffentlicht wird. Der Grund: Die Kommission will schon in den
nächsten Wochen über den erstmaligen Anbau von Gentechnik-Mais
entscheiden, der als Bt 11 (Syngenta) und Mais 1507 (DuPont) bekannt
ist. Zudem soll die Anbauzulassung für den Mais MON810 (Monsanto)
erneuert werden. Eine erste Abstimmung der Mitgliedsländer könnte Mitte
Oktober stattfinden.
Testbiotech befürchtet, dass die Abstimmung der Mitgliedsländer
wesentlich von der mangelhaften Stellungnahme der EFSA beeinflusst wird.
In diesem Zusammenhang warnt Testbiotech auch vor erheblichen
Interessenkonflikten in der Behörde: Der federführende Autor des
Teosinte-Berichts, Yann Devos, ist zugleich bei der Organisation
„International Society for Biosafety Research“ (ISBR), die zu großen
Teilen von der Industrie finanziert wird, in führender Funktion tätig.