„Die Energiewende bedeutet für das deutsche
Energiesystem einen Paradigmenwechsel, der neben Herausforderungen in
starkem Maße auch wirtschaftliche Chancen bietet“, sagt Professor Holger
Hanselka, Präsident des KIT und Sprecher von ENSURE (Neue
EnergieNetzStruktURen für die Energiewende). „Unsere Forschung auf
diesem Gebiet wird maßgeblich dazu beitragen, dass die Energiewende
wirtschaftlich erfolgreich ist und Technologielieferanten,
Infrastrukturbetreiber und Stromkunden von ihr profitieren können.“
Holger Hanselka ist gleichzeitig Vizepräsident der
Helmholtz-Gemeinschaft für den Forschungsbereich Energie. „Wir wollen
zeigen, wie wir in Deutschland gleichzeitig Energie aus fluktuierenden
erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind in das Netz dezentral
integrieren und eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare
Energieversorgung gewährleisten können.“
Strukturen für ein zukunftsweisendes Energienetz
Konkret will das Konsortium ENSURE die Frage
beantworten: Was ist eine sowohl unter technischen, wirtschaftlichen als
auch gesellschaftlichen Aspekten sinnvolle Energienetzstruktur und
welche Anteile aus zentraler und dezentraler Versorgung beinhaltet sie?
Dazu werden im Projekt effiziente neue Systemstrukturen, stabile
Systemführungsmechanismen sowie die Integration neuer Technologien auf
breiter Basis erforscht. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem zu
bewältigenden technischen und gesellschaftlichen Transformationsprozess.
Daher stehen Technologien zur Stromübertragung ebenso im Fokus wie
Informations- und Kommunikationstechnologien, die in Zukunft die
Bilanzierung und Stabilität in vernetzten Versorgungsstrukturen
gewährleisten sollen.
Das Kopernikus-Projekt ENSURE ist in drei
Phasen geplant. Nach der ersten Phase für die Erforschung der Grundlagen
(2016 bis 2019) und der darauf folgenden zweiten Phase für die
Umsetzung im Pilotmaßstab (2019 bis 2022), soll in der finalen dritten
Phase (2022 bis 2025) ein multimodaler Netzdemonstrator aufgebaut
werden. Dieser Großdemonstrator soll beispielhaft aufzeigen, wie die
zukünftige energetische Versorgung eines urbanen Systems mit Umland
aussehen kann. Dabei werden auch Möglichkeiten zur Flexibilisierung und
Effizienzsteigerung, beispielsweise durch die Energiesystemintegration
von Strom, Gas, Wärme und Speichertechnologien oder durch
Gleichstrom-Kupplungen zur Mittel- oder Hochspannungsebene, untersucht.
Direktorium und Partner von ENSURE
Das ENSURE-Konsortium setzt sich aus den im
Direktorium vertretenen sechs Kernpartnern und 15 weiteren
Projektpartnern zusammen. Kernpartner sind das KIT und die RWTH Aachen
als Vertreter von Forschung und Lehre, die Unternehmen E.ON
(Energieversorger und Verteilnetzbetreiber) und TenneT TSO GmbH
(Übertragungsnetzbetreiber) sowie die Unternehmen Siemens AG
(Integrierter Technologiekonzern) und ABB (Energie- und
Automatisierungstechnikkonzern). Die weiteren Projektpartner sind: (a)
die Technischen Universitäten Dortmund und Darmstadt sowie die
Universitäten Köln, Wuppertal, Hannover, Kiel, Erlangen-Nürnberg, (b)
die außeruniversitären Forschungseinrichtungen Forschungsgemeinschaft
für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e.V. Mannheim,
Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik sowie OFFIS
– Institut für Informatik Oldenburg, (c) die Projektpartner
Öko-Institut e.V., Deutsche Umwelthilfe e.V., DVGW e.V. sowie (d) die
Industrieunternehmen Nexans GmbH und Maschinenfabrik Reinhausen GmbH.
Von dem geplanten Budget von über 43 Millionen Euro für die ersten drei
Jahre trägt der Bund rund 30 Millionen Euro.
KIT an weiteren zwei Kopernikus-Projekten beteiligt
Im Kopernikus-Projekt „Systemintegration und Vernetzung der Energieversorgung (ENavi)“ ist das KIT im antragstellenden Direktorium vertreten. Das Projekt wird
den Fokus der „Energiewende“ auf einen gesamtgesellschaftlichen
Transformationsprozess erweitern, da der Umbau des Energiesystems
Herausforderungen erzeugt, die nur im Kontext einer ganzheitlichen
Betrachtung auf Systemebene bewältigt werden können. Ziele sind, unter
anderen ein besseres und tieferes Verständnis des komplex vernetzten
„Systems von Systemen“ im Energiebereich und den damit verbundenen
Bereichen wie Industrie und Konsum zu gewinnen und Optionen für
kollektiv wirksame Maßnahmen zu generieren.
Innerhalb des Kopernikus-Projekts „P2X: Erforschung, Validierung und Implementierung von Power-to-X-Prozessen“ koordiniert das KIT den Forschungscluster, der sich mit modularen und
autarken Technologien zur Umsetzung von Synthesegas auf Basis von
Kohlendioxid in Kohlenwasserstoffe und langkettige Alkohole beschäftigt.
Erforscht werden neue, für einen dezentralen Einsatz geeignete
Prozesstechnologien zur Herstellung von Kraftstoffen, synthetischem
Erdgas (SNG) und Chemikalien aus alternativer Energie. Darüber hinaus
ist das KIT an den Clustern "Dezentrale H2-Logistik: Speicherung und
Verteilung über flüssige Wasserstoffträger“ und "Oxomethylenether:
Kraft- und Kunststoffe auf Basis von Kohledioxid und Wasserstoff“
beteiligt.
Über die Förderinitiative „Kopernikus-Projekte für die Energiewende“
Mit dem Energiekonzept 2050 strebt die
Bundesregierung eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare
Energieversorgung an. Ziel der Förderinitiative „Kopernikus-Projekte für die Energiewende“ ist es als ein Teil der Hightech-Strategie wichtige Weichen zu stellen,
um neue Wege in der Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft und
Gesellschaft zu gehen und die Energieforschung zukünftig effizient und
zielgerichtet aufzustellen. Grundgedanke ist, dass die Gestaltung der
Energiewende nur dann gelingt, wenn die Bedürfnisse und Erwartungen der
Bevölkerung angemessen reflektiert sowie Umweltverträglichkeit und
marktwirtschaftliche Erfordernisse berücksichtigt werden.
Mit der Initiative „Kopernikus-Projekte für
die Energiewende“ werden technologieorientierte Forschungsprojekte mit
systemischem und transdisziplinärem Ansatz gefördert. Das Ziel der
Projekte ist es, für die Umsetzung der Energiewende relevante
Technologien zu identifizieren und bis zur großskaligen Anwendung zu
entwickeln, also die Initiierung von Innovationen für die Energiewende.
Es sollen Forschungsfelder von starker Komplexität, einem hohen
Forschungsrisiko und besonderen Potenzialen für die Umstellung des
Energiesystems wirtschaftlich nutzbringend erschlossen werden. Forschung
und Entwicklung in den Kopernikus-Projekten sollen so dazu beitragen,
die sich aus den technologischen Fortschritten ergebenden Chancen auf
dem Weltmarkt zu nutzen.