Daten dauerhaft mit Licht speichern

den ersten dauerhaften volloptischen
Speicher, der sich auf einem Chip integrieren lässt, haben
Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie der
Universitäten Münster, Oxford und Exeter entwickelt. Damit ist ein
wesentlicher Schritt auf dem Weg zum optischen Computer gelungen.
Phasenübergangsmaterialien, die ihre optischen Eigenschaften je nach
Anordnung der Atome ändern, ermöglichen es, mehrere Bits in einer
einzigen Zelle zu speichern. Ihre Entwicklung stellen die Forscher in
der Zeitschrift Nature Photonics vor. (10.1038/nphoton.2015.182)

Licht bestimmt die Zukunft der Informations-
und Kommunikationstechnologie: Computer könnten mit optischen Elementen
schneller und energieeffizienter arbeiten. Längst ist es üblich, Daten
mit Licht über Glasfaserkabel zu übertragen. Doch auf dem Computer
werden die Daten nach wie vor elektronisch verarbeitet und gespeichert.
Der elektronische Austausch von Daten zwischen den Prozessoren und dem
Speicher begrenzt die Geschwindigkeit moderner Rechner. Diesen Engpass
bezeichnen Experten als Von-Neumann-Flaschenhals. Um ihn zu überwinden,
genügt es nicht, Speicher und Prozessor optisch zu verbinden, da die
optischen Signale wieder in elektrische konvertiert werden müssen.
Wissenschaftler suchen daher nach Wegen, sowohl Rechnungen als auch die
Datenspeicherung rein optisch durchzuführen.

Forscher des KIT, der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster, der Universität Oxford und der Universität
Exeter haben nun den ersten nicht volatilen, das heißt dauerhaften
optischen On-Chip-Speicher entwickelt. „Optische Bits lassen sich mit
Frequenzen bis zu einem Gigahertz schreiben; damit erlaubt unser
vollphotonischer Speicher eine extrem schnelle Datensicherung“, erklärt
Professor Wolfram Pernice, der eine Arbeitsgruppe am Institut für
Nanotechnologie (INT) des KIT leitete und inzwischen an der Universität
Münster tätig ist. „Der Speicher ist sowohl mit der üblichen optischen
Datenübertragung über Glasfaser als auch mit modernsten Prozessoren
kompatibel“, ergänzt Professor Harish Bhaskaran von der Universität
Oxford.

Der neue Speicher kann Daten auch ohne
Stromzufuhr jahrzehntelang bewahren. Besonders attraktiv ist überdies
seine Fähigkeit, mehrere Bits in einer einzigen, nur einige Milliardstel
Meter großen Zelle zu halten (Multi-Level Memory – Mehrebenenspeicher).
Anstelle der üblichen Informationswerte 0 und 1 lassen sich mehrere
Zustände in einem Element sichern oder sogar eigenständige Berechnungen
ausführen. Möglich machen es sogenannte Phasenübergangsmaterialien –
neuartige Materialien, die ihre optischen Eigenschaften abhängig von der
Anordnung der Atome ändern: Sie können in kürzester Zeit zwischen dem
kristallinen (regelmäßigen) und dem amorphen (unregelmäßigen) Zustand
wechseln. Für ihren Speicher verwendeten die Wissenschaftler das
Phasenübergangsmaterial Ge2Sb2Te5 (GST). Mit ultrakurzen Lichtpulsen
lässt sich der Wechsel von kristallin zu amorph (Daten speichern) bzw.
von amorph zu kristallin (Daten löschen) auslösen. Lesen lassen sich die
Daten mit schwachen Lichtpulsen.

Dauerhafte volloptische Speicher auf Chips
könnten die Leistung von Computern künftig erheblich steigern und deren
Energieverbrauch senken. Zusammen mit volloptischen Verbindungen könnten
sie Latenzen reduzieren und die energieintensive Umwandlung optischer
Signale in elektronische – und umgekehrt – überflüssig machen.

Carlos Ríos, Matthias Stegmaier, Peiman
Hosseini, Di Wang, Torsten Scherer, C. David Wright, Harish Bhaskaran,
Wolfram H.P. Pernice: On-chip integratable all-photonic nonvolatile
multi-level memory.
Nature Photonics. DOI: 10.1038/nphoton.2015.182