Verdauung passt sich an Gift und Antibiotika an

Verdauung passt sich an Gift und Antibiotika an

Flexibler Metabolismus als Grundlage für die menschliche Evolution

Bauch: Der Darm ist äußerst anpassungsfähig (Foto: pixelio.de, Sigrid Rossmann)
Bauch: Der Darm ist äußerst anpassungsfähig (Foto: pixelio.de, Sigrid Rossmann)

Mailand (pte001/25.06.2015/06:00) –

Die im menschlichen Verdauungsapparat enthaltenen Mikroorganismen können
vor den Auswirkungen von Mangelernährung und toxischen Substanzen
schützen. Das haben Forscher des zum Nationalen Forschungsrat CNR
gehörenden Istituto di Tecnologie Biomediche http://www.itb.cnr.it herausgefunden.

Volk der Hazda untersucht

Ausgangspunkt der Studie waren die Bakterienstämme im
Darm der tansanischen Volksgruppe der Hazda, eine der letzten
Populationen weltweit, die sich noch überwiegend aus ihrer Tätigkeit als
Jäger und Sammler ernähren. Diese wurden mit denen der Einwohner von
Bologna verglichen. "Unsere Studie hat gezeigt, dass die Darmbakterien
eine entscheidende Rolle bei dem für unsere Gesundheit notwendigen
energetischen Gleichgewicht spielen", erklärt Projektleiterin Clarissa
Consolandi.

Die bei den Hazda entdeckten Darmbakterien sind in der
Lage, die in für sie weitgehend fremden Nahrungsmitteln wie Milch und
Eiern vorkommenden essenzielle Aminosäuren zu erzeugen. Umgekehrt können
die bei den Bolognesern untersuchten Darmbakterien in bei ihnen weniger
üblichen Lebensmitteln wie Soja und Reis enthaltene essentielle
Aminosäuren synthetisieren. Eine weitere überraschende Entdeckung: "Die
Darmbakterien der Italiener besitzen die Fähigkeit, toxische Substanzen
wie das aus der Ölproduktion stammende Naphtalen und die zur
Lebensmittelkonservierung verwendete Benzoesäure abzubauen."

Antibiotika-Resistenz ergründet

Die vielfältigen Eigenschaften des menschlichen Darms
sind eine adaptive Reaktion auf xenobiotische Einflüsse, denen vor allem
die städtische Bevölkerung ausgesetzt ist. Außerdem gibt es den
Wissenschaftlern nach eine Spezialisierung in dem Sinne, dass die
Darmflora der Hazda auf Polisacharide aus faserreichen Pflanzen und die
der Italiener eher auf Einfachzucker, wie in Nudeln oder Brot,
eingestellt ist.

Die Studie wurde zusammen mit dem Max-Planck-Institut http://mpg.de und der University of Nevada http://unr.edu durchgeführt. Auch wurde die in den vergangenen 20 Jahren in den
Industrienationen stark zunehmende Resistenz gegen Antibiotika
untersucht. Anhand der Darmvergleiche mit den Hazda konnte nachgewiesen
werden, dass die starke Verwendung von Antibiotika nicht nur zur Bildung
neuer Bakterienstämme, sondern auch zur Mobilität zwischen
Mikroorganismen führt und die Entwicklung wirksamer Antibiotika
erschwert.