Nanostrukturen für den effizienten Transport von Lichtenergie

Neue Nanostrukturen für den effizienten Transport von
Lichtenergie

Uni-Forschern
gelingt Energietransport bei Raumtemperatur in einzelnen Nanofasern
Die Forschergruppe
Die Forschergruppe
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Bayreuth (pts006/10.07.2015/09:30) – Die Umwandlung von Lichtenergie in Strom gewinnt
immer mehr an Bedeutung. Technische Fortschritte auf diesem Gebiet hängen
wesentlich davon ab, dass es gelingt, die durch Licht erzeugte Energie bei nur
minimalen Verlusten zu transportieren.
Dafür werden neuartige Komponenten
und Bauelemente benötigt. Wissenschaftler der Universität Bayreuth und der FAU
Erlangen-Nürnberg berichten jetzt im Forschungsmagazin "Nature" über Nanofasern,
die bei Raumtemperatur einen zielgerichteten Energietransport erstmals über
mehrere Mikrometer ermöglichen. Dies wird durch einen quantenmechanisch
kohärenten Transport entlang der einzelnen Nanofaser gewährleistet.

Nanostrukturen
aus scheibchenförmigen Bausteinen

Die Forschergruppen um Dr. Richard Hildner und Prof. Dr.
Hans-Werner Schmidt an der Universität Bayreuth haben supramolekulare
Nanostrukturen hergestellt, in denen sich die von Licht erzeugte Energie
geradlinig über mehrere Mikrometer fortpflanzt – und zwar bei Raumtemperatur,
ohne dabei wesentlich schwächer zu werden. Diese Nanostrukturen sind aus über
10.000 identischen Bausteinen aufgebaut. Jeder Baustein ähnelt dabei in seiner
Struktur einem Propeller mit drei Flügeln: In der Mitte befindet sich eine
Carbonyl-verbrückte Triarylamin-Einheit; hieran sind drei
Naphthalimidbithiophen-Chromophore befestigt, die nach außen abstehen. Diese
scheibchenförmigen Bausteine bilden spontan durch Selbstorganisation Nanofasern
mit Längen von mehr als 4 Mikrometern und einem Durchmesser von nur 0,005
Mikrometern (zum Vergleich: ein menschliches Haar ist ungefähr 50 bis 100
Mikrometer dick). Entscheidend für den Energietransport ist die
Carbonyl-verbrückte Triarylamin-Scheibe, die von der Forschungsgruppe um Dr.
Milan Kivala an der FAU Erlangen-Nürnberg synthetisiert und an der Universität
Bayreuth chemisch modifiziert wurde.

Effizienter
Energietransport bei Raumtemperatur

Mit einer Vielzahl von Mikroskopietechniken haben die Bayreuther
Wissenschaftler sichtbar gemacht, wie die Energie eine solche Nanofaser in
Längsrichtung durchläuft. Selbst bei einer Distanz von 4,4 Mikrometern treten
nur äußerst geringfügige Verluste auf. Würde man – wiederum auf dem Weg der
Selbstorganisation – die Faser um weitere Bausteine verlängern, könnte die
Energie auch diese größere Reichweite durchlaufen. Beim Energietransport durch
die Nanofaser arbeiten die perfekt angeordneten molekularen Bausteine in einer
präzise aufeinander abgestimmten Weise. Sie geben die Energie in einem
gleichmäßigen Takt von einem Baustein zum nächsten weiter: ein Phänomen, das in
der physikalischen Forschung als quantenmechanische Kohärenz bezeichnet wird.

Pflanzliche
Photosynthese als Vorbild

"Wir haben hier sehr vielversprechende Nanostrukturen vor uns,
die deutlich machen, dass die Suche nach optimal geeigneten Materialien für den
effizienten Transport von Lichtenergie ein lohnendes Forschungsgebiet
darstellt", erklärt Dr. Richard Hildner, der sich an der Universität Bayreuth
auf das Forschungsgebiet des "Light Harvesting" ("Lichternte") spezialisiert
hat. Hier geht es darum, die Transportprozesse in der pflanzlichen Photosynthese
möglichst genau zu verstehen, um die dabei gewonnenen Erkenntnisse für die
Energieerzeugung aus Sonnenlicht zu nutzen.

"Die von uns synthetisierten supramolekularen Nanostrukturen
können uns möglicherweise weiteren Aufschluss darüber geben, wie der
Photosynthese-Apparat in Pflanzen oder auch in Bakterien funktioniert. Außerdem
wollen wir in den nächsten Monaten prüfen, inwieweit sich diese Strukturen
beispielsweise als Komponenten für neuartige Architekturen von Solarzellen und
optischen Bauelementen eignen", so Hildner.

Bayerische
Kooperationen in der Polymerforschung

Die jetzt in "Nature" veröffentlichten Forschungsergebnisse sind
aus einer engen und in Deutschland einzigartigen interdisziplinären
Zusammenarbeit zwischen Physikern und Chemikern auf dem Gebiet der
Polymerforschung hervorgegangen. Die Arbeit an neuen Funktionsmaterialien für
organische Solarzellen ist an der Universität Bayreuth ein Schwerpunkt innerhalb
des Profilfelds "Polymer- und Kolloidforschung" und ebenso im DFG-geförderten
Graduiertenkolleg "Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer
Systeme" (GRK 1640, Sprecher: Prof. Dr. Jürgen Köhler). Die Wissenschaftler
bringen ihre Kompetenzen zudem in den Forschungsverbund SolTech ein, in dem die
Universität Bayreuth und vier weitere bayerische Universitäten ihre Kompetenzen
bündeln.

"Unser Beitrag in ‚Nature‘ ist auch ein Beleg für die
ausgezeichnete Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus
der Chemie und Physik der Universitäten Bayreuth und Erlangen-Nürnberg.
Zukünftig wollen die nordbayerischen Universitäten Bayreuth, Erlangen-Nürnberg
und Würzburg ihre Kooperation im Rahmen des Bayerischen Polymerinstituts (BPI)
weiter intensivieren", so Prof. Dr. Hans-Werner Schmidt, der seitens der
Universität Bayreuth den Aufbau des BPI vorantreibt.

Veröffentlichung:
Andreas T. Haedler et
al.: Long-Range Energy Transport in Single Supramolecular Nanofibres at Room
Temperature, Nature (2015), DOI: 10.1038/nature14570