Kein Schnitt, keine Narbe
Gutartige Gebärmuttertumore ohne OP mit Ultraschall behandeln
Berlin
– Gutartige Geschwulste in der Gebärmutter, sogenannte Myome, gehören
bei Frauen zu den häufigsten Tumoren. Etwa jede vierte Frau im
gebärfähigen Alter ist betroffen. In der Regel sind Myome nicht
behandlungsbedürftig, doch bei zehn bis zwanzig Prozent der Patientinnen
verursachen sie Beschwerden. Diesen Frauen können Ärzte nun mit einem
neuen Verfahren, dem sogenannten Hochintensiven fokussierten
Ultraschall, kurz HIFU, helfen. Hiermit zerstören sie Myome ohne Schnitt
oder Punktion – und damit ohne sichtbare Narbenbildung – durch die
intakte Haut. Mit der Technik ließen sich Operationen und in einigen
Fällen auch die Entfernung der Gebärmutter vermeiden, betonen Experten
der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).
„Große
Myome oder solche, die ungünstig in der Gebärmutter liegen, können zu
Menstruationsstörungen führen oder Grund für unregelmäßige, starke oder
lang anhaltende Regelblutungen sein“, erläutert DEGUM-Experte Professor
Dr. med. Holger Strunk, Oberarzt in der Radiologischen
Universitätsklinik Bonn.
Eine
neuartige Methode, Myome zu beseitigen, bietet der „Hochintensive
fokussierte Ultraschall“: der Ultraschallkopf bündelt die
hochenergetischen Schallwellen wie bei einem Hohlspiegel in einem
Brennpunkt innerhalb des menschlichen Körpers. Durch die Absorption der
Ultraschallwellen entsteht Wärme, die das Gewebe im Fokus des HIFU auf
über 60 Grad erhitzt. Bei diesen Temperaturen gerinnt das Eiweiß, und
die Zellen der Geschwulste sterben ab. „Ein großer Vorteil ist, dass die
Gebärmutter erhalten bleibt und die Frauen nach wie vor schwanger
werden können. In Einzelfällen wird eine Schwangerschaft durch das
Abtragen eines Myoms sogar überhaupt erst möglich“, erklärt Strunk.
Zudem erfolge die Behandlung ambulant. „Anstelle einer Vollnarkose
bekommen die Patientinnen ein Beruhigungsmittel und sie können nach ein
bis zwei Tagen wieder ihren Alltagsgeschäften nachgehen“, so der
Experte.
Üblicherweise
behandeln Ärzte Myome operativ, entweder indem sie die ganze
Gebärmutter herausnehmen oder die Myome einzeln abtragen. Je nachdem wie
groß die Tumore sind und wo sie sich in der Gebärmutter befinden,
kommen hierfür offene Operationen, „laparoskopische“ Eingriffe mittels
Bauchspiegelung oder Behandlungen über die Scheide in Frage. Eine
weitere Behandlungsmethode ist die so genannte „Myomembolisation“:
Hierbei führen Ärzte über die Leiste einen Katheter ein. Über ihn
verstopfen sie die Gefäße, die das Myom mit Blut versorgen, mittels
winziger Kunststoffkügelchen. Das Myom wird von der Blutversorgung
abgeschnitten und stirbt allmählich ab. „Allerdings muss die
Punktionsstelle durch einen Druckverband versorgt werden und die
Patientinnen werden während der Behandlung einer potentiell schädigenden
Röntgenstrahlung ausgesetzt“, erläutert Strunk.
HIFU
kommt hingegen ohne den Einsatz von Röntgen aus. Seit knapp einem Jahr
steht Professor Strunk und seinen Kollegen in Bonn ein HIFU-Gerät zur
Verfügung, bei dem sowohl die Steuerung als auch die Behandlung mittels
Ultraschall erfolgt. „Das ist insofern etwas Besonderes, als das bislang
alle anderen HIFU-Geräte in Deutschland mit Magnetresonanztomografie,
auch „MR“ genannt, gesteuert werden“, erklärt Dr. med. Dr. rer nat.
Milka Marinova, Assistenzärztin in der Radiologischen Universitätsklinik
Bonn. Die Ultraschallsteuerung biete den Vorteil, dass die Ärzte
während der Behandlung Atmung und Bewegung der Patienten berücksichtigen
können. „So stellen wir sicher, dass kein umliegendes, gesundes Gewebe
geschädigt wird“, erläutert Marinova. Zudem sei das
Ultraschall-gesteuerte Gerät leistungsstärker. „Die Behandlung geht
schneller und wir können mitunter Myome behandeln, die mit
MR-gesteuerten Geräten nicht zugänglich sind“, so die Expertin.
Allerdings
kommen nicht alle Patientinnen für eine Behandlung mit HIFU in Frage.
Idealerweise sollten die Patientinnen nicht mehr als fünf Myome haben,
die jeweils nicht größer als zehn Zentimeter sind. Außerdem gehört die
Therapie bislang nicht zu den Standardleistungen der gesetzlichen
Krankenkassen. „Die Kassen entscheiden nach Anfrage im Einzelfall, ob
sie die Kosten übernehmen“, erklärt Marinova.
Auch
bei anderen Krankheitsbildern kommt HIFU zum Einsatz. So hat sich die
Methode als wertvolle Therapie bei der Adenomyose erwiesen. Bei dieser
Erkrankung, einer Form der Endometriose, verursachen kleine Inseln von
Gebärmutterschleimhaut innerhalb der Gebärmuttermuskulatur Schmerzen.
Auch setzen Ärzte ultraschall-gesteuerten HIFU erfolgreich zur
Schmerzbehandlung bei nicht operablen Pankreaskarzinomen oder bei
Lebertumoren ein. Urologen nutzen die Methode seit Beginn des
Jahrtausends zur Therapie der krankhaft vergrößerten Prostata und des
Prostatakrebs. „Medizinischer Ultraschall ist sehr viel mehr als ein
diagnostisches Instrument“, betont DEGUM-Präsident Professor Dr. med.
Dirk Becker. Besonders bei der Behandlung von Krebserkrankungen biete
HIFU in der Zukunft noch große Chancen.
Die
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein
Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch
auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint mehr als 9
000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten,
Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das
am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin.
Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende
Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. DEGUM
zertifizierte Ärzte finden Patienten im Internet unter: www.degum.de