Bewegungs- und Sprachstörungen diagnostizieren und behandeln

ewegungs- und Sprachstörungen diagnostizieren und behandeln

Leipzig – Nach einem Schlaganfall leiden viele Patienten an bleibenden Lähmungen, etwa ein Drittel leidet unter Sprachstörungen, der sogenannten Aphasie. Wie klinische Neurophysiologen motorische und sprachliche Störungen nach einem Schlaganfall, bei Parkinson oder Multipler Sklerose mittels elektrophysiologischer Techniken nicht nur erkennen, sondern auch therapieren, ist Thema der 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN). Diese findet vom 21. bis 23. März 2013 in Leipzig statt. Hier diskutieren Experten der DGKN auch über neue therapeutische Möglichkeiten der Tiefen Hirnstimulation mittels im Gehirn implantierten Elektroden und darüber, wie Sport das Gehirn verändert.

In Deutschland leben mehrere Hunderttausend Schlaganfallopfer mit den Folgen für die Beweglichkeit und Sprache. Viele Patienten leiden an Bewegungsarmut durch Parkinson, viele auch an Störungen des Denkens und Handelns oder an Depressionen. „Uns reicht nicht, dass wir oft vorhersagen können, wie gut sich das Gehirn reorganisieren wird, um eine Schädigung auszugleichen. Wir wollen die Erkenntnisse, die uns moderne bildgebende Verfahren liefern, nutzen, um Kranken besser mit neuen Techniken zu helfen“, so Professor Dr. med. Joseph Claßen, Tagungspräsident der 57. Jahrestagung der DGKN und Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig.

Mithilfe bildgebender Verfahren können Neurowissenschaftler heute beispielsweise  schlaganfallbedingte Störungen im Sprachnetzwerk des Gehirns genau charakterisieren. Patienten mit einer Aphasie vertauschen Wortlaute, lassen sie weg oder verwechseln Worte oder können sich überhaupt nicht mehr verbal äußern. „Der Verstand von Menschen mit Aphasie kann dabei aber unbeeinträchtigt sein“, erklärt Privatdozentin Dr. med. Dorothee Saur vom Universitätsklinikum Leipzig, sie betreut das wissenschaftliche Sekretariat des DGKN-Kongresses. „Welche Mechanismen das Gehirn besitzt, um Sprachstörungen auszugleichen, müssen wir besser verstehen. Dann können wir diese Mechanismen verstärken, um bessere Behandlungsergebnisse zu erzielen."

Ein Schwerpunkt der Tagung befasst sich mit der Plastizität des Nervensystems, wie sie durch körperliche Bewegung im Gehirn entsteht. Bei Tieren haben Forscher gezeigt, dass bereits eine einzige Trainingseinheit ausreicht, damit sich neuronale Verknüpfungen verändern. „Eine aktuelle Studie lässt erstmals vermuten, dass auch beim Menschen ein ähnlich dynamischer Mechanismus vorhanden ist, der durch bildgebende Untersuchungen beim lebenden Menschen sichtbar gemacht werden kann“, erklärt Professor Claßen die Ergebnisse eines Forscherteams vom Max-Planck Institut in Leipzig.

Neben dem Erlernen neuer Bew egungen befassen sich die Experten der DGKN auch mit der Therapie von Bewegungsstörungen etwa bei Parkinson oder Dystonie. „Anhand des erfolgreichen Einsatzes der Tiefen Hirnstimulation wird klar, dass die Klinische Neurophysiologie längst nicht mehr nur ein diagnostisches Fach ist“, erklärt Claßen. Viele elektrophysiologische Methoden, die einmal nur der Diagnose dienten, untersuchen wir mittlerweile auch auf mögliche therapeutische Nutzen. Über diese Trendwende zur interventionellen Neurophysiologie diskutieren Experten im Rahmen des DGKN-Kongresses in Leipzig.

Wie auch in den Vorjahren bietet die DGKN mit dem Richard-Jung-Kolleg ein bewährtes Fortbildungsprogramm an. Zum zweiten Mal finden spezielle Veranstaltungen für junge und angehende Neurowissenschaftler statt. Für Studierende und Doktoranden ist die Teilnahme am wissenschaftlichen Tagungsprogramm kostenfrei. Tei lweise parallel findet in Leipzig vom 19. bis 21. März die fünfte International Conference on non-invasive Brain-Stimulation statt. Weitere Informationen zur 57. Jahrestagung der DGKN stehen im Internet unter www.dgkn-kongress.de/.