Studie untersucht Preissensibilität der Verbraucher
Welche Rolle spielt der Preis für Verbraucher beim Einkauf von Fleisch aus ökologischer und konventioneller Erzeugung? Diese und andere Fragen rund um die Preisgestaltung bei verschiedenen Lebensmitteln haben Agrarmarktexperten der Universität Gießen in einer Studie untersucht, die durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert wurde.
Basis der Studie waren Daten der Gesellschaft für Konsumforschung von rund 20.000 Haushalten, die ihr Einkaufsverhalten über einen Zeitraum von fünf Jahren dokumentiert haben. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die Verbraucher bei fast allen Lebensmittelgruppen (Eier, Milch, Obst oder Gemüse) ihr Einkaufsverhalten bei steigenden oder sinkenden Preisen kaum veränderten, egal, ob es sich um Bio- oder konventionelle Produkte handelte. Einzige Ausnahme war Biofleisch. Hier reagierten die meisten Kunden auf steigende Preise mit deutlicher Kaufzurückhaltung.
Bei konventionellen Fleischarten und -produkten fielen die Reaktionen auf Preisänderungen dagegen deutlich schwächer aus. Am geringsten war dieser Effekt bei konventionellem Geflügel- und Hackfleisch. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass diese Artikel für viele Verbraucher Basisprodukte beim Fleischkauf sind. Die großen Unterschiede bezüglich der Preissensibilität bei Bio- und konventionellem Fleisch erklären sich die Wissenschaftler vor allem durch die fehlende Größe und Marktreife des noch jungen Biofleischsegments. Wurst und Fleisch aus ökologischer Erzeugung seien noch nicht flächendeckend erhältlich und das Sortiment meist sehr klein. Deshalb würden viele Verbraucher bei höheren Preisen oft auf konventionelle Ware ausweichen.
Ein weiterer Grund sei, dass die Preisdifferenz zwischen bio und konventionell bei keiner anderen Lebensmittelgruppe so groß ist wie bei Fleisch. So müssten Verbraucher für Biohähnchenfleisch etwa vier Mal mehr zahlen als für konventionelle Ware. Darüber hinaus neigten sogenannte Biovielkäufer eher dazu, bei hohen Preisen auf Fleisch zu verzichten, da sie ohnehin weniger Fleisch essen als Durchschnittsverbraucher.
Dennoch steigt nach aktuellen Daten der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI) die Nachfrage nach Biofleisch kontinuierlich an. Im Jahr 2012 immerhin um über 18 Prozent. Damit übersteigt die Nachfrage nach wir vor bei weitem das Angebot. Der Preissensibilität könnte in Zukunft aber eine größere Bedeutung zukommen, da die Preise mittelfristig spürbar steigen werden. Grund sind stark anziehende Futtermittelkosten auf Erzeugerseite. Experten für den deutschen Biomarkt raten deshalb, Kaufanreize auch außerhalb der Preispolitik zu schaffen. Sie sehen vor allem in Verkostungsaktionen und umfangreichen Produktinformationen einen Weg, trotz hoher Preise mehr Verbraucher von Biofleisch zu überzeugen.
Jürgen Beckhoff, aid
aid: Infodienst für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Der gemeinnützige Verein löste sich 2016 auf.