Schmerzmittel bremsen Fortschreiten rheumatischer Erkrankung

Schmerzmittel bremsen Fortschreiten rheumatischer Erkrankung

Bochum ? Oft beginnt die Krankheit mit Schmerzen und Steifigkeit im unteren Rücken. Der Morbus Bechterew, auch ankylosierende Spondylitis (AS) genannt, ist eine chronische Entzündung vor allem der Wirbelsäule. Als Behandlung werden in erster Linie sogenannte nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) eingesetzt. Aktue lle Studien zeigen jetzt, dass diese Medikamente nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch das Fortschreiten der Krankheit bremsen können. ?Diese Erkenntnis wird die Therapie wahrscheinlich maßgeblich verändern?, sagt einer der Autoren, Professor Dr. med. Joachim Sieper, Berlin. Über die optimale Therapie entzündlicher Rückenschmerzen bei rheumatischen Erkrankungen diskutieren Experten auf der Pressekonferenz am 20. September 2012 im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Bochum.

Bis zu 340 000 Menschen leiden in Deutschland an ankylosierender Spondylitis (AS). Viele Betroffene klagen über Schmerzen in der Wirbelsäule, im Kreuz, in den Gesäßhälften oder in den Hüften. Morgens sind die Beschwerden besonders stark. In der 2. Nachthälfte wachen AS-Patienten wegen der Schmerzen auf, dann müssen sie sich bewegen, um sich Erleichterung zu verschaffen. ?Oft treten die Symptome bereits im Alter von etwa 26 Jahren auf,? so der Kongress-Präsident Professor Dr. med. Jürgen Braun. Eine frühe Diagnose sei wichtig, um eine optimale Therapie einleiten zu können, denn der entzündliche Prozess könne zu einer knöchernen Versteifung der Wirbelsäule führen.

Gegen Schmerzen und Steifheit verordnen Ärzte nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Naproxen, Diclofenac, Ibuprofen, Indometacin oder ein Coxib. Aber mehr als die Hälfte der Patienten nimmt diese Mittel nicht regelmäßig – etwa dann, wenn die Beschwerden relativ gering sind oder wenn andere Arzneimitt el wie die TNF-Blocker einnehmen. ?Dabei zeigen Studien, dass eine regelmäßige NSAR-Einnahme über einen längeren Zeitraum nicht nur die Symptome lindert, sondern auch das Fortschreiten der Erkrankung bremsen kann ? allerdings nur bei bestimmten Patienten,? so Professor Sieper, Leiter der Rheumatologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin.

In einer aktuellen Studie untersuchten Berliner Rheumatologen den Verlauf von 88 AS-Patienten über zwei Jahre. Diejenigen Patienten, die regelmäßig NSAR eingenommen hatten (mindestens 50% der maximalen empfohlenen Dosis täglich), wiesen keine weitere Verknöcherung in der Wirbelsäule auf. Dagegen verschlimmerte sich die Versteifung der Wirbelsäule bei den Patienten, die NSAR seltener oder in einer kleineren Dosis einnahmen.

?Von dieser Behandlung  haben vor allem die Patienten profitiert, die das höchste Risiko für eine Verschlimmerung der Erkrankung hatten?, erläutert Professor Sieper. Das waren Menschen mit hohen Werten des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein (CRP) oder aber mit sogenannten Syndesmophyten. Das sind Knochenneubildungen zwischen den Wirbelkörpern, die die Beweglichkeit der Wirbelsäule einschränken. ?Diese beiden Risikofaktoren weisen etwa ein Drittel der AS-Patienten auf?, so Professor Sieper.

?A uf dem DGRh-Kongress und der Pressekonferenz werden Experten über die optimale Behandlung und vor allem die frühzeitige Diagnose und Therapie von Patienten mit ankylosierender Spondylitis diskutieren?, sagt Professor Braun, ärztlicher Direktor des Rheumazentrums Ruhrgebiet in Herne. Gemeinsam mit der 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und der
22. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) findet der Kongress vom 19. bis 22. September 2012 in Bochum statt.