Fortschritt und schlechte Bedingungen im Reich der Mitte als Gründe
Chinesischer Drache: US-Experten sehen Sinkflug (Foto: pixelio.de, Cornerstone)
Wien (pte003/25.07.2012/06:00) – Das US-Magazin Forbes prophezeit das Platzen der Produktions-Blase in China. Steigende Löhne, Angst vor Diebstahl geistigen Eigentums und die Zeitverschiebung treiben zunehmend Produktionskapazitäten zurück in die USA. Zudem ermögliche der technische Fortschritt auf dem Gebiet der Robotertechnik in Zukunft eine Produktion in den USA, die billiger ist als jene in China. Dabei wandern allerdings keine Jobs zurück in die USA: Die Arbeitsplätze werden von effizienten Maschinen übernommen. Diese Entwicklungen bedrohen angeblich den Wirtschaftsaufschwung im Reich der Mitte.
Für Ausländer weiterhin attraktiv
Diese These stößt nicht überall auf Zustimmung. "Das Abziehen von Produktionskapazitäten westlicher Unternehmen im großen Stil wird nicht passieren. Der Markt in China ist nach wie vor sehr attraktiv für ausländische Firmen. Auch als Zulieferer für günstig hergestellte Komponenten ist China nach wie vor wichtig. Eine Gefahr für ausländische Produktionsstätten in China kann allerdings ausufernder Protektionismus durch die Regierung werden, der fairen Wettbewerb verhindert", sagt Margot Schüller vom GIGA-Institut für Asien-Studien http://giga-hamburg.de gegenüber pressetext.
Die steigenden Lohnkosten, die Forbes als abschreckend sieht, sind von der Regierung so gewollt. "Die Lohnkosten steigen in China, insbesondere in bestimmten Regionen wie Peking, Shanghai oder dem Perlflussdelta. Das ist von der Regierung als Teil eines Maßnahmenpakets zur Stärkung der Binnennachfrage und damit des Wachstums so gewollt. Dies kennzeichnet auch die derzeit angestrebte Übergangsphase von der Lowtech- zur Hightech-Wirtschaft, die andere Volkswirtschaften ebenfalls durchlebt haben", erklärt Schüller.
Dass einige US-Firmen wie Ford, Catterpillar oder Dow Chemicals ihre Produktion wieder in die USA verlegen, muss kein Zeichen für einen dementsprechenden Trend sein. Die Angst vor dem Diebstahl geistigen Eigentums ist in China ein kalkuliertes Risiko. "Dass einige Firmen ihre Produktionsstätten abziehen, ist normal. Einige machen gute Erfahrungen, andere schlechte. Die chinesische Regierung hat sich im Austausch von Marktzutritt gegen Technologietransfer gut positioniert. Die ausländischen Unternehmen wissen, dass Technologietransfer von ihnen verlangt wird", sagt die Asien-Expertin.
Roboter und 3D-Druck als Bedrohung
Technologischer Fortschritt in der Fertigungstechnik wird als mögliche Gefahr für chinesische Fließbandarbeiter gesehen. Wenn Maschinen in den USA günstiger produzieren als Arbeiter in China, müssen Unternehmen reagieren. Allerdings muss auch die Rolle aufstrebender chinesischer Unternehmen bedacht werden: "Chinesische Unternehmen sind vor allem an Kooperation mit ausländischen Hightech-Unternehmen interessiert, sowohl in China als auch bei ihren Auslandsinvestitionen. Beispiele für ein erfolgreiches technologisches ’spill over‘ sind die Automobil- und Elektronikindustrie. Diese Industrien sind international zunehmend wettbewerbsfähig und werden mittelfristig – nachdem sie Erfahrungen in anderen Märkten gesammelt haben – verstärkt auch in Europa präsent sein", so Schüller.
Noch liegt der Anteil ausländischer Unternehmen an Chinas Hightech-Exporten zwar bei über 60 Prozent, er wird in den nächsten Jahren aber weiter schwinden. Es ist auch längst nicht mehr bloß die Endfertigung, die in China passiert. Auch die Komponenten werden zunehmend im Reich der Mitte produziert. "Schon im vorigen Fünfjahresplan hat die chinesische Regierung Investitionen in eigene Innovationen als Ziel festgelegt. Durch die Krise bekam das Wirtschaftswachstum aber Priorität", sagt Schüller.
Trotzdem sieht Forbes die chinesische Wirtschaft durch längerfristige Trends in Gefahr. Neue Produktionstechniken wie 3D-Druck erlauben es Konsumenten mittelfristig, ihre eigenen Designs zu verwirklichen. Viele Produkte müssen dann nicht mehr zusammengesetzt werden, was den Bedarf an chinesischen Arbeitern senkt. Die Produktion würde dann wieder lokal passieren, nahe bei Rohstoffen und Konsumenten. Eine Fertigung in China wäre nicht rentabel. Selbst in diesem Szenario hat China aber einen Trumpf in der Hand. Durch die Masse an potenziellen Konsumenten könnte es sich bei lokaler Produktion kein Unternehmen erlauben, auf eine Produktion im Riesenreich zu verzichten.